Was reitet einen nicht gerade Unterbeschäftigten wie Sie, jetzt – zumal in karger werdenden Budgetzeiten wie diesen – auch noch Impresario zu werden?
MARKUS SCHIRMER: Ich hatte ja schon 1999 eine Pianistenreihe für die Eggenberger Schlosskonzerte konzipiert, und der ORF wollte, dass ich damit weiter mache, das hat sich damals aber nicht ergeben. Jetzt war der ideale Zeitpunkt dafür.

Ist der ORF nun also völlig ausgestiegen?
SCHIRMER: Nein, er sitzt noch immer mit im Boot, weil er die Konzerte mitschneidet. Im Landesstudio erkannte man aber, dass etwas mit den Schlosskonzerten passieren muss. Emil Breisach hatte ja die Reihe 1971 gegründet, zu einer Zeit, da es noch keinerlei Konkurrenz wie etwa die styriarte gab. Nun brauchte es dringend eine Erneuerung, der Wochenrhythmus für die Konzerte etwa war nicht mehr adäquat. Zudem ist es für den ORF als öffentliche Anstalt schwierig, Sponsorgelder oder Subventionen für solche Extras aufzutreiben.

Ihr ar|:s:|onore-Festival findet nun kompakt statt?
SCHIRMER: Ja, ganz bewusst, an fünf aufeinanderfolgenden Tagen und mit stringenter Programmierung, für die ich mit Kollegen die Köpfe zusammensteckte. Beim „Schlossakkord“ letztes Jahr in Eggenberg mit der Klarinettistin Sharon Kam, dem Geiger Benjamin Schmid, dem Cellisten Clemens Hagen und mir boten wir ein anspruchsvolles Programm mit Debussy und Messiaen. Dieser „Probelauf“ inspirierte uns auch zum heurigen Frankreich-Schwerpunkt bei ar|:s:|onore.

Das heißt?
SCHIRMER: Wir bieten unter anderem beim Auftakt am Donnerstag mit den Grazer Philharmonikern unter Dirk Kaftan und dem 23-jährigen Pariser Sélim Mazari als Solisten ein Klavierkonzert von Louis Joseph Ferdinand Hérold aus dem Jahr 1812, das in Österreich noch nie zu hören war. Im kulinarischen Gesamtprogramm tummeln sich auch kammermusikalische Raritäten von Leclair, Jolivet oder Dutilleux.

Und ein Haufen Tiere . . .
SCHIRMER: . . . richtig, im Finale mit Schuberts „Forellenquintett“, George Crumbs „Walgesängen“ aus 1972, die von einem Trio mit blauen Halbmasken interpretiert werden, sowie Camille Saint-Saëns’ „Karneval der Tiere“, zu dem Wolfram Berger einen neuen, köstlichen Text verfasst hat.

Apropos köstlich: Es gibt erstmals ein „Dinner im Museum“?
SCHIRMER: Ja, weil wir in jeder Hinsicht Sinnliches servieren wollen. Richard Rauch vom „Steira Wirt“ in Trautmannsdorf, Österreichs „Koch des Jahres 2015“, lädt am Montag nach dem Schlusskonzert in der Römersteinsammlung von Schloss Eggenberg zu einer Gaumenreise und wird zudem in Konzertpausen Finger Food anbieten.

Was ist sonst noch neu?
SCHIRMER: Erstens: Dass wir Publikum zu den Proben einladen. Es kann von der ersten Note an den Prozess unserer Arbeit mitverfolgen, den harten und intensiven Marathon von uns Künstlern bis zur Aufführung; das gibt es meines Wissens sonst nirgends. Zweitens: Dass wir mit dem Orchesterkonzert zum Auftakt in die List-Halle ausweichen und die Zuhörer nach dem Schlussakkord von Beethovens „Eroica“ noch zur Late Night in Schloss Eggenberg wechseln können, wo Klassikgeiger Benjamin Schmid mit seinem Jazz Quartett an den legendären Django Reinhardt und die Swing-Ära erinnern wird. Und drittens laden wir Ausnahmetalente der Grazer Kunstuniversität zur Mitwirkung ein – was Wertvolleres, Spannenderes kann jungen Leuten ja nicht passieren, als mit Arrivierten die Probenprozesse und Aufführungen aktiv mitzuerleben.

Was wollen Sie mit dem Festival eigentlich erreichen?
SCHIRMER: Wunderbare Konzerte natürlich. Und ein schöner Nebeneffekt wäre, wenn die Zuhörer und die Künstler, die sie lieben oder lieben lernen, zu einer Familie zusammenwachsen.

Was wünschen Sie sich, Ihren Mitmusikern, dem Publikum zum Start von ar|:s:|onore?
SCHIRMER: Möglichst blühende Interpretationen beim Spielen, ein gemeinsames Atmen mit meinen Kollegen – mit den meisten habe ich ja schon zusammengespielt, neu ist zum Beispiel die fantastische sibirische Geigerin Natalia Prishepenko, die Prinzipalin des Berliner Artemis-Quartetts war. Dem Publikum wünsche ich vor allem Hochspannung beim Zuhören und Genuss beim Kennenlernen auch von Unbekanntem.

Heuer also Frankreich. Und wohin geht die musikalische Reise im nächsten Jahr?
SCHIRMER: Russland steht auf dem Roster. Aber jetzt machen wir zunächst einmal den ersten Schritt. Und ich dann vielleicht auch einen Schritt zurück – der Impresario muss ja nicht gleich in vier von fünf Konzerten mit dabei sein wie diesmal, denn das organisatorische Rundherum ist schon enorm aufwändig.

INTERVIEW: MICHAEL TSCHIDA