Auch ohne Hochwasser, Schnürlregen oder Inbetriebnahme einer neuen Seebühne war Wasser am Samstag das zentrale Element der zweiten Schauspiel-Premiere der Salzburger Festspiele. Auf der Perner-Insel spielte "Die Komödie der Irrungen" vorwiegend auf einem kleinen hölzernen Eiland inmitten eines Bassins. Es wurde viel gewatet und gepritschelt. Shakespeare als ein Schlag ins Wasser.

Ohne Tiefgang

Viel Aufwand und trotzdem ohne Tiefgang - das gilt etwa für die Bühne von Michaela Mandel, die 18 Zentimeter hoch unter Wasser steht. Wie schon in der Auftakt-Produktion "Clavigo" werden etliche Zirkus-Assoziationen eingesetzt, etwa durch Sound-Effekte der live begleitenden Drei-Mann-Combo von Patrick Lammer oder durch ein immer wieder benütztes Trapez. Im rechten Bühnenhintergrund zu einem wahren Gebirge aufgetürmte Sessel verweisen auf die instabilen Verhältnisse, in denen alles gesichert Geglaubte in der nächsten Sekunde zusammenbrechen kann, die Kostüme von Jan Meier auf das Italien der 1960er Jahre. All' das kann man machen, muss man aber nicht. Es sind Behauptungen, die nie eingelöst werden, aber auch nicht stören. Ein Umstand, der für den ganzen zweieinhalbstündigen, pausenlosen Abend gilt.

Nilpferd im Swimmingpool

Regisseur Henry Mason hat die eher selten gespielte Verwechslungskomödie selbst übersetzt. Er setzt auf Endreim, und die Schauspieler setzen sich gern auf diesen drauf. "Dich will ich lieben, wie ich kann / ich hab' noch keine Frau, Du keinen Mann", heißt es da etwa, oder: "X, Y, Z - der Witz war nett". Dazu gibt es etwa ein sexuell gefordertes "Fuck-totum" oder die Selbstdiagnose "Zwei Ehemänner seh' ich - oder schiele". Eleganz, gepaart mit Tiefgründigkeit, ist in Sprache und Spiel Mangelware. Nicht Elefant im Porzellanladen, aber: Nilpferd im Swimmingpool.

Es geht um einen in Ephesus gestrandeten Syrakuser (Roland Renner, vor Jahren in Hallein Mittelpunkt gefeierter "Schlachten!", diesmal blass), der seit Jahren auf der Suche nach dem bei einem Schiffbruch abhandengekommenen Rest seiner Familie ist: seine Frau, seine Zwillingssöhne und deren Diener, ebenfalls Zwillinge. Wie der Zufall so spielt, sind zu dieser Stunde, die aufgrund eines Todesurteils des Herzogs von Ephesus seine letzte werden könnte, alle Gesuchten in der Stadt. Die Frau hat sich in ein Kloster zurückgezogen, ein Sohn lebt mitsamt seinem Diener seit Jahrzehnten als geachteter Bürger hier, das andere Paar ist nichts ahnend soeben eingetroffen und von der ersten Sekunde an ununterbrochen Verwechslungen ausgesetzt. Das könnte lustig sein. Ist es an diesem Abend aber nur selten.

Grober Klamauk

Vielleicht liegt es ja an den 80.000 Litern Wasser: Der Funke springt nicht über. Nahezu alle Versuche, den simplen Verwechslungen, die immer vorhersehbarer werden, Pfiffigkeit einzuhauchen, misslingen. Statt durch das Doppelspiel Momente der Wahrhaftigkeit zu erzeugen, regiert grober Klamauk. Penetranz statt Transparenz. Große Schauspielkunst, die diese Wasserspiele zu einem Festspiel adeln würde, ist mit freiem Auge nicht zu erkennen.

Zwar bemühen sich Thomas Wodianka als zweifach edler Antipholus und Florian Teichtmeister als dessen doppelter Diener Dromio nach Kräften, ihren Zwillingsrollen gestaltende Facetten mitzugeben, doch sie haben alle Hände und Gesichtsmuskel zu tun, ständig die Überraschten und Überrumpelten zu mimen, ihre Brille aufzusetzen und abzunehmen (Wodianka) oder die Innen- und Außenseite ihres Mützchens zu wenden (Teichtmeister). Auch Meike Droste als der Verzweiflung nahe Ehefrau Adriana und Elisa Plüss als ihre plötzlich vom vermeintlichen Schwager umworbene Schwester haben gute Momente, der Rest ist Stadttheater.

Tropfend

Dicht wird diese tropfnasse Inszenierung nicht beim Spielen, sondern beim Singen. Mason tendiert phasenweise Richtung Musical und gibt seinem Ensemble viel Gelegenheit, kurz mal aus den Rollen zu fallen und Songs zum Besten zu geben. Dieser Aufgabe entledigen sich die Schauspieler mehr als achtbar. Retten können die Lied-Einlagen diesen belanglosen, bunten Abend freilich nicht.

Obwohl es am Ende viel Beifall, einige Bravos für das Ensemble und nur vereinzelte Buhs für den Regisseur gab: Auch mit der zweiten von drei Schauspiel-Neuproduktionen haben die Salzburger Festspiele nicht überzeugen können. Nun liegt es an Mackie Messer. Vielleicht gelingt es ja ihm, Publikum und Kritik ein Angebot zu machen, das man nicht ablehnen kann.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)