Mircea Cartarescu gehöre zu den "bedeutendsten Schriftstellern, die wir in Europa haben", betonte Laudator Ernest Wichner, der mehrere Werke des 1956 in Bukarest geborenen Autors ins Deutsche übersetzt hat und ihn seit langem freundschaftlich begleitet. Der Schriftsteller wurde vor allem durch seine rund 1.800 Seiten umfassende Romantrilogie "Orbitor" über die Zeit der Ceausescu-Diktatur und die nachfolgenden Transformationsprozesse in Rumänien bekannt.

Ein Blick auf viele Welten

Wichner lobte den universellen Anspruch, den Cartarescu bei seinem Schreiben habe. Sein Blick sei immer auf die vielen Welten, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen, gerichtet. Sein Werk stehe nicht für schnelle Lesbarkeit, sondern zeige, zu welchen Tiefen Literatur fähig sei.

"Immense Sprachkraft, poetisch dichte Sprache, präzise, genial, größenwahnsinnig", zitierte Ostermayer bei der Ehrung, was Literaturkritiker über Cartarescu geschrieben haben. Er habe mit seiner Trilogie, die sich in so große Werke wie "Ulysses", "Die letzten Tage der Menschheit" oder "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" einreihe, Bukarest ein Denkmal gesetzt. Die Jury lobte den "exzessiven maßlosen Traum von Verwandlung und Metamorphose", der sich in Cartarescus Trilogie widerspiegle.

Autor als "Tätowierkünstler"

Der Autor dankte herzlich für die Ehrung, mit der er nicht gerechnet habe. So eine Auszeichnung mache ihm auch immer Angst, sie käme ihm unverdient vor. Das Schreiben sei für ihn ein Weg nach innen. Cartarescu verglich sich mit einem Tätowierkünstler, der schon seinen ganzen Körper bemalt habe. "Ich war in eine tiefe Hoffnungslosigkeit gestürzt, weil ich schon jeden Zentimeter meiner Haut tätowiert hatte", sagte er über die Zeit, bevor er mit dem Schreiben von "Orbitor" begonnen habe. Doch dann habe er entdeckt, dass es nicht nur die Epidermis gebe, sondern der Leib auch Tiefe habe. So habe er sein Herz, seine Lungenflügel und schließlich den Kristallpalast seines Gehirns tätowiert.

"Orbitor ist eine große, dreidimensionale Tätowierung meines Lebens", erklärte Cartarescu. Er habe fünf Jahre gebraucht, um zu begreifen, dass sein literarisches Leben damit nicht beendet sei. Für das in Kürze erscheinende neue Buch habe er seine Seele tätowiert, meinte der Schriftsteller, der seine Nähe zu Österreich bekannte: "Österreich ist in Europa das Land, das ich neben meinem Geburtsland am meisten liebe."

Der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur wird seit 1965 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. Zuletzt erhielten den Preis Patrick Modiano (2012), John Banville (2013) und Ljudmila Ulitzkaja (2014).