Angelica Ladurner, die neue Leiterin der Komödienspiele Porcia, hat schon mehr zu lachen gehabt. Eine Woche vor Probenbeginn stand durch den Zahlungsstopp der Landes Kärnten plötzlich alles auf der Kippe. Ladurner, eine an den Millstätter See zugewanderte sture Tirolerin, gab die Devise aus: "G'rad extra!" Eine Woche vor Start in ihre ersten Saison scheint sich nun das Risiko gelohnt zu haben.

Wenn am 15. Juli die vor 55 Jahren von Herbert Wochinz gegründeten Komödienspiele im Hof des Renaissanceschlosses von Spittal an der Drau mit der Premiere von Edmond Rostands "Cyrano de Bergerac" eine neue Ära begonnen wird, ist fast alles anders als bisher. Ladurner, langjähriges Mitglied der renommiertesten Kärntner Sommertheatertruppe, hat von Peter Pikl die Intendanz übernommen, und auch der langjährige Präsident Hans Peter Haselsteiner hat an eine Frau übergeben, an Andrea Samonigg-Mahrer, die Verwaltungsdirektorin des Krankenhauses Spittal an der Drau. Nicht genug der Frauen-Power: Alle sechs Stücke werden von Regisseurinnen in Szene gesetzt.

Neuer Name

Die neue Intendantin Angelica Ladurner ist auch als Regisseurin und Schauspielerin im Einsatz
Die neue Intendantin Angelica Ladurner ist auch als Regisseurin und Schauspielerin im Einsatz © KK

Neu sind auch Name und Logo ("Ensemble:Porcia"), eine neue, von der Strabag gesponserte Bühne, die gute Akustik mit bestem Sitzkomfort verbinden soll, eine Spielplanprogrammatik, die jedes Jahr auf einen anderen Sprachraum setzen wird (nach dem französischen Auftakt sind in den kommenden Jahren wohl England und Italien an der Reihe), ein neuer Spielort in einer Keller-Galerie sowie eine Theaterwagen-Tournee, die "Komödie unterwegs" bietet.

Ein Lokalaugenschein auf der Porcia-Probenbühne sorgt für Verblüffung beim Besucher: In der Industriezone außerhalb von Spittal verfügt das Ensemble über weitläufige Hallen, in denen zwei Stücke in Original-Bühnengröße parallel geprobt werden können, in denen zudem Werkstätten, Büros und Kostümfundus untergebracht sind. Diese beeindruckenden Arbeitsbedingungen sind auf das Kunst-Engagement des Unternehmers Haselsteiner zurückzuführen.

Zweitgrößtes Theater

Das Ensemble:Porcia ist mit über 50 Arbeitsverträgen (etwas mehr als die Hälfte davon im künstlerischen Bereich) das zweitgrößte Theater Kärntens, und hat mit sechs Neuinszenierungen in drei Monaten mehr Schauspiel-Neuproduktionen zu bieten als das Klagenfurter Stadttheater in der ganzen Saison. Umso zorniger wird Angelica Ladurner, wenn sie auf die finanziellen Rahmenbedingungen zu sprechen kommt. Mittlerweile sind zwar die 190.000 Euro des Landes doch gesichert ("Das rettet mich für heuer."), aber mit weiteren 100.000 Euro von der Stadt, 27.000 Euro Start-Subvention vom Bund sowie Sponsorenleistungen lassen sich keine großen Sprünge machen. Die über 540.000 Euro Personalkosten muss man über den Kartenverkauf einspielen.

20.000 Besucher

Rund 20.000 Besucher zählt man pro Saison, auch für heuer stehen die Chancen gut, die durchschnittliche Auslastung von rund 90 Prozent zu erreichen. "Ich habe schlaflose Nächte", gesteht Ladurner. "Das Wetter darf nicht zu heiß und nicht zu kalt sein. Die Qualität muss stimmen, aber es darf auch nicht zu wenig lustig sein. Dabei habe ich keine einzige Schenkelklopfer-Komödie im Programm." Gelacht werden muss in jedem Fall. Dazu verpflichtet die langjährige Tradition der Komödienspiele. Eine andere lautet: keine inszenatorischen oder kostümtechnischen Experimente! "Ich muss hier nicht Regietheater machen", drückt es die Intendantin aus.

Tragödien sind also verboten. Emotionen abseits des Amüsements jedoch nicht. Zumindest beim "Cyrano" hofft Ladurner, dass Mitlachen und Mitleiden einander nicht ausschließen. Ansonsten stehen heuer Antoine de Saint-Exuperys "Der kleine Prinz", "Monsieur Ornifle" von Jean Anoulih und Robert Thomas' von Francois Ozon genial verfilmte Krimikomödie "Die acht Frauen" auf dem Programm. In der 100 Zuschauer fassenden Salamanca-Galerie wird thematisch passend "Kunst" von Yasmina Reza aufgeführt, und seit Anfang Juni ist man mit dem neuen Theaterwagen unterwegs und zeigt "Liebe und Zufall" von Marivaux als Straßentheater. "Wir spielen damit an allen möglichen und unmöglichen Plätzen. Wir waren damit sogar auf dem Goldeck."

Vielfach im Einsatz

Weil Ladurner dieses erstmalige Experiment höchstpersönlich verantworten wollte, summieren sich ihre Festival-Einsätze heuer auf drei Inszenierungen und zwei Rollen als Schauspielerin. "Auch das ist eine alte Porcia-Tradition: Der Chef muss mindestens eine Regie machen und in mindestens einem Stück selbst auf der Bühne stehen", sagt die Prinzipalin. "Außerdem bin ich die einzige, die ich nicht extra zahlen muss. Aber ich weiß schon jetzt: So viel wie heuer, mache ich nie mehr..."

Doch der Sparzwang wird eher größer werden. "Wenn wir künftig weniger und kleinere Produktionen machen müssten, wäre das für uns katastrophal. Dann verlieren wir die Position, die wir uns in 55 Jahren hart erarbeitet haben." Angelica Ladurner will kämpfen. Denn: "Das Land seiner Kultur berauben, wäre das schlimmste Zeichen der Resignation."

WOLFGANG HUBER-LANG/APA