Hubert Winkels (60) ist heuer bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt als Juryvorsitzender Burkhart Spinnen nachgefolgt. Im Gespräch mit der APA zog er unmittelbar nach der Preisverleihung ein erstes Resümee.

Herr Winkels, Sie haben Ihre Kandidatinnen Ronja von Rönne und Teresa Präauer nicht durchgebracht. Ist das ein Wermutstropfen Ihres ersten Turnus als Juryvorsitzender?

Hubert Winkels: Es wäre auch ein Wermutstropfen, wenn ich nicht Vorsitzender wäre. Aber das ist wirklich ein Problem: Wenn in der ersten Runde eine Kandidatin die meisten Punkte kriegt und dann dreimal durchfällt, ist das wahnsinnig betrüblich, vor allem für die Betroffene. Der Witz ist, dass diese neue Abstimmungs-Regel, dass der Zweite bei einem Preis gesetzt bleibt für den nächsten Preis, eigentlich genau dazu dienen sollte, das zu vermeiden. Aber genau das haben wir wieder geschafft: Dass jemand, der schon fast den Bachmann-Preis hat, am Ende gar nichts hat. Da müssen wir noch einmal darüber nachdenken.

Es braucht also zumindest wieder den vierten Preis, der 2015 abgeschafft wurde?

Winkels: Ich glaube sowieso, dass man den wieder braucht. Es hängt ein bisschen vom Jahrgang ab. Wenn man einen starken Jahrgang hat wie jetzt, dann ist der vierte Preis fast unbedingt nötig. Wenn man wie letztes Jahr weniger gute Texte hat, könnte man auch mit drei Preisen auskommen.

Es war ein Jahrgang starker Frauen und ein Jahrgang mit starker Selbstpräsentation in Video und Vortrag. Sind das zwei Tendenzen, die Pars pro Toto für eine Entwicklung der Literatur stehen?

Winkels: Ja, das glaube ich. Ich glaube, dass die Literatur und das literarische Leben sich wandeln hin zu unmittelbaren Formen der Konfrontation mit der Öffentlichkeit. Das Ideal "Ein Kopf, ein Buch, und die Türen sind zu" ist nicht mehr zu halten. Literatur ist lebendiger geworden, geht stärker nach außen, sucht Resonanzräume. Man kann niemandem etwas vorschreiben, jeder soll so schreiben, wie er will, aber, dass sich da viel tut, dass da viel artistisches Vermögen gezeigt wird, ist wie ein kleines Wunder, das momentan passiert. Davon hat man hier etwas erlebt, und dafür ist der Bachmann-Preis auch ein ideales Forum.

Soll der 40. Bachmann-Wettbewerb im kommenden Jahr in seiner Durchführung anders aussehen als der heurige?

Winkels: Es gibt anlässlich so eines Jubiläums natürlich mehrere Überlegungen, aber ich überlege mir tatsächlich, ob man nicht diese Autoren-Filme eigens auszeichnen könnte. Das könnte man einmal anregen.

WOLFGANG HUBER-LANG/APA