Netzstrümpfe, eng gezogene Korsagen und Federboas: Einige im Publikum passten sich am Donnerstagabend in der Grazer Oper dem Dresscode auf der Bühne an. Gelebte Verehrung für und gerettete Erinnerung an das Kultmusical von Richard O’Brien, das mehr als 40 Jahre nach seiner Uraufführung 1973 in London noch die Massen aus den Sitzen hebt und zu obligatorischen Links-rechts-Hüpfern, zum „Time Warp“ anstiftet.

Auch wenn die skurril simple Geschichte vom kreuzbraven Paar Janet (Harriet Bunton) und Brad (David Ribi), das nach einer Autopanne im von Aliens und Phantomen besetzten Lustschloss strandet, erst nach seiner Verfilmung 1975 zum (Mitmach-) Kult wurde, bleibt die Bühne der bessere Ort, um die „Rocky Horror Show“ in ihrer geballten erotischen Extravaganz zu erleben. Vor allem wenn sie, wie hier der Fall, möglichst nah am Original bleibt.

Infektiöser Rock'n'Roll

In Wahrheit ist es nämlich so: Die meisten sind ohnehin längst vom Enfant terrible des Musicals infiziert und können jeden Dialog auswendig mitsprechen, der Rest könnte sich nun angesteckt haben. Erreger, die den Körper irritieren, gäbe es zuhauf: der wunderbare Rock ‘n’ Roll, anarchistisch brillant britischer Humor (Gott sei Dank auf Englisch), die Üppigkeit der Kostüme auf kleinstem stofflichem Raum, das stimmgewaltige Ensemble unter Ober-Rampensau Frank’n’Furter (Rob Morton Fowler), die Symptome der anderen (Zwischenrufe, Zeitungspapier auf dem Kopf), die noch vor ihrem ersten Wort beklatschte Erzählerin Chris Lohner und natürlich die eigene Jugend, der man mit jedem Pfiff und Händeklatscher auch applaudiert. Ein Abend, zwei Shows: jene auf der Bühne und jene im Publikum. Bravo!