Wenn die Premiere zum Schlussakt wird. Andy Borgs (54) erster "Musikantenstadl" unter freiem Himmel in Pula ist heute Abend gleichzeitig seine letzte Show (ORF 2, 20.15 Uhr). Nach neun Jahren wird der Wiener im Herbst von Francine Jordi und Alexander Mazza abgelöst. Vier Millionen deutsche und 570.000 heimische Seher sowie schlechte Marktanteile beim jüngeren Publikum haben ARD, ORF und das Schweizer Fernsehen veranlasst, die 34 Jahre alte Sendung komplett zu erneuern.

Herr Borg, ist Pula eigentlich ein guter Ort für Ihre letzte Show oder hätten Sie sich gerne mit einer klassischen Stadl-Ausgabe verabschiedet?

ANDY BORG: Das Schicksal hat uns beim letzten Stadl in Oberwart im März schon ordentlich eine drüberzunden: Erst flattert meine Kündigung ins Haus, danach stürzt die Germanwings-Maschine ab, dann stirbt uns Karl Moik und am Ende der Sendung sind meine Schlussworte wegen eines Sendeausfalls in der ARD und im Schweizer Fernsehen SRF gar nicht mehr zu hören. Also, was soll uns in Pula noch passieren? Aber es ist bei aller Wehmut auch mein erster Open Air-Stadl! Und es ist das erste Mal, dass auch der Zuseher sehen wird, dass wir woanders sind. Weil wurscht ob wir in Deutschland, der Schweiz oder in Österreich waren, wir haben immer die Deko mitgehabt.

Haben Sie angesichts Ihres unfreiwilligen Abschieds noch immer eine Wut im Bauch oder hat sie sich gelegt?

BORG: Mein Gemüt hat sich inzwischen beruhigt. Ich habe ja nie damit aufgehört, dass ich in anderen Sendungen als Schlagerfuzzi auftrete. Mit meinen Konzerten habe ich auch nie aufgehört. Und das rennt ja weiter. Also, in meinem Alltag werde ich das nicht spüren. Mir tut es vor allem leid für die Leute, denn ich war kürzlich mit 800 Stadl-Fans auf Kreuzfahrt, und wenn du denen gegenüberstehst, spürst du die Enttäuschung. Die sehen das ja als "ihre" Sendung mit Trachten und Blaskapelle. Und das wird ihnen weggenommen. Das hat weniger mit mir zu tun. Auch wenn die Moderation einer Samstagabendshow natürlich der Gipfel ist, wenn ich anderes behaupten würde, tät man mir es eh nicht glauben ...

Aber der "Musikantenstadl" geht im Herbst ja weiter. Wird er denn so anders?

BORG: Jung, jung, jung, modern, international. Aber ich weiß nicht wirklich, was sie genau wollen.

Ist die Idee, eine Sendung wie den Stadl deutlich verjüngen zu wollen, nicht sehr naiv? Welcher Junge bzw. Mitteljunge setzt sich am Samstagabend um 20.15 Uhr vor den Fernseher, um den neuen Stadl zu sehen?

BORG: Ja, diese Annahme der Verantwortlichen ist allerdings naiv. Womöglich sprechen wir uns 2016 wieder und unterhalten uns darüber, warum es nicht geklappt hat. Aber das sind Spekulationen. Mit der Quote von 600.000 bzw. vier Millionen Sehern in Österreich bzw. in Deutschland sollte man zufrieden sein. Mit der Quote sollte man mir überhaupt nicht kommen! Immerhin reden wir von nur vier Shows pro Jahr plus Silvester. Aber vielleicht funktioniert das Update vom Stadl 2.0 ja auch, das weiß ich nicht und das wissen Sie nicht.

Wie wurde es Ihnen eigentlich mitgeteilt, dass Sie als Showmaster abgelöst werden?

BORG: Auf Deutsch (lacht). Die Sender ARD, SRF und ORF wollen die Sendung massiv verjüngen und da gibt es kein erkennbareres  Zeichen als den Austausch des Moderators.

Pulas Amphitheater ist heute Stadl-Kulisse
Pulas Amphitheater ist heute Stadl-Kulisse © ORF

Was halten Sie von den Moderatoren, die Ihnen nachfolgen?

BORG: Alexander Mazza kenne ich persönlich nicht – zum ihm kann ich nichts sagen. Zu Francine Jordi will ich nichts sagen.

Halten Sie den Stadl überhaupt für massiv verjüngbar?

BORG: Nein. Der Stadl ist eine Traditionssendung, weil es sie seit vielen Jahren gibt, und diese Tradition pflegt man. Ich weigere mich, den Stadl als Kulturgut zu bezeichnen, aber er gehört zur Fernsehlandschaft, so wie er ist. Außerdem haben wir den Stadl in den letzten Jahren ohnedies verjüngt. Sonst wären weder Beatrice Egli noch Helene Fischer in der Sendung gewesen. Andreas Gabalier ist sogar ein Stadl-Kind. Es sind eh nicht nur Die Mayrhofner und andere volkstümliche Gruppen aufgetreten, aber für die wird es in Zukunft wohl immer schwieriger.

Warum gehen jüngere Menschen gerne in Konzerte von Fischer, Egli und Gabalier, schalten aber den Stadl nicht ein?

BORG: Weil sie die Woche über arbeiten und sich sagen: "Das Wochenende gehört mir! Verlang von mir nicht, dass ich mir am Samstag um 20.15 Uhr einen Stadl anschau – da sind wir grad beim Vorglühen." Ich verstehe das.

Andy Borg bei seiner Stadl-Premiere am 23. September 2006
Andy Borg bei seiner Stadl-Premiere am 23. September 2006 © ORF

Haben Sie Angst um die Marke Andy Borg? Immerhin werden Sie künftig nicht mehr fünfmal pro Jahr von einem Millionenpublikum gesehen?

BORG: Nein. Mich hat es doch schon lange vor dem Stadl gegeben und ich bin von Haus aus ein Schlagerfuzzi. Wenn ich ein neues Album auf den Markt bringe, klopfe ich wieder bei Carmen Nebel  und beim Florian an. Patrick Lindner, Nik P. usw. – die haben ja auch keine eigene Sendung. Da braucht man nicht nervös zu werden.

Glauben Sie, dass Künstler nervös werden, weil für sie künftig kein Platz mehr im Stadl ist?

BORG: Genau so ist es. In Pula haben wir die Zillertaler Haderlumpen dabei. Wo treten die auf, wenn der Stadl doch so verjüngt wird? Bei Nebel und Silbereisen wohl eher nicht. Ich denke mir, für die Haderlumpen wird es in Zukunft weniger Sendeplätze geben. Oder für Die Mayrhofner . . . eigentlich für alle unsere Volksmusikgruppen.

Haben Sie für Ihren Abschied auf Sendung noch mehr im Köcher als Ihren Hit "Adios, Amor" am Ende der Show?

BORG: Nein. Es ist alles gesagt. Der Abschieds-Stadl war eigentlich der in Oberwart im März. Weil noch ärger, als dass der Erfinder der Sendung am Ausstrahlungstag beerdigt wird, geht es eigentlich nicht. Wären die  drei Sender etwas flexibler gewesen, hätte man das als Wink des Schicksals verstanden und gesagt: "Lasst uns mit etwas ganz Neuem anfangen."

Entdeckt wurde Borg in
Entdeckt wurde Borg in "Großen Chance" Anfang der 80er © ORF

Ob die Sender für Sie etwas vorbereiten?

BORG: Das habe ich schon kommuniziert, dass ich das nicht wünsche.

Was ist, wenn Sie Jordi und Mazza in den ersten neuen Stadl im Herbst einladen?

BORG: Was soll dann sein?

Wie wäre Ihre Antwort?

BORG: Nein.

Warum?

BORG: An diesem Samstag habe ich bereits einen Auftritt. Meine Frau macht meine Termine und die hält das nicht aus, wenn ein Samstag frei ist. (lacht)

Der Stadl wird aber immer samstags sein.

BORG: Stimmt. Na ja, mein Kollege James Bond hat gesagt: "Sag niemals nie." Aber sollten mich Mazza und Jordi jetzt fragen, lautet die Antwort nein.