Die Inschrift an dem Tempel im Süden Mexikos bedeute demnach: "Haus der neun spitzen Lanzen ist der Name des Grabs von K'inich Janaahb' Pakal, heiliger Herrscher von Palenque". Durch Vergleichsstudien sei es ihm gelungen, die Hieroglyphe "Yej" mit "spitz" zu übersetzen, sagte der Maya-Experte Guillermo Bernal Romero von der Universität Unam am Montag.

Der Bonner Altamerikanist Nikolai Grube zog die Interpretation seines mexikanischen Kollegen allerdings in Zweifel. "Meines Erachtens ist die Lesung falsch", teilte er am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. "Wir haben gute Argumente dafür, dass die Entzifferung (...) nicht richtig ist. Sie basiert auf einer falschen sprachlichen Analyse." Grube gilt als einer der führenden Maya-Experten und leitet ein Projekt zum Aufbau einer Textdatenbank und eines Wörterbuchs der Klassischen Maya.

Backenzahn eines Jaguars

Laut Bernal ähnelt das nun entzifferte Schriftzeichen dem Backenzahn eines Jaguars, des heiligen Tiers der Maya. Die Dechiffrierung helfe auch bei der Übersetzung weiterer bisher unklarer Texte in den archäologischen Stätten in Tonina, Piedras Negras, Dos Pilas, Yaxchilan und Dzibanche, sagte Bernal.

Die Maya-Schrift besteht aus etwa 1.500 Hieroglyphen, von denen rund 20 Prozent noch nicht entziffert wurden. "Die Welt der Schrift ist wunderbar. Der Mensch will Geheimnisse lüften und die Schriftkunde der Maya ist eine dieser romantischen Disziplinen, in der man dieser Sehnsucht folgen kann", sagte Bernal.

Palenque im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas gehört zum Unesco-Weltkulturerbe und ist eine der wichtigsten archäologischen Fundstätten Mexikos. Die Maya-Kultur erstreckte sich über das heutige Südmexiko, Guatemala und Belize und hatte ihre Hochzeit zwischen 500 und 700 nach Christus.