Der Auftakt erfolgte vor jenem Gebäude, das heute dort steht, wo einst die Nobelherberge - die jüdischen Familien gehörte - Gäste aus aller Welt empfing. Der Leopold-Figl-Hof ist ein nach dem Krieg errichtetes Wohnhaus. Dass es sich um den Nachfolgebau handelt, gehört nicht unbedingt zum Allgemeinwissen. Denn auf dem Mahnmal auf der kleinen Grünfläche vor dem Haus ist zu lesen: "Hier stand das Haus der Gestapo". Tatsächlich war die Freifläche auch damals nicht bebaut, der Figl-Hof steht tatsächlich am Platz des Hotels.

Das Metropole wurde anlässlich der Weltausstellung 1873 errichtet und hatte bis 1938 geöffnet. Nach dem Einmarsch der Nazis erfolgte die Beschlagnahmung. Die neue Funktion des prunkvollen Baus: Er wurde Sitz der Gestapo-Leitstelle Wien. Juden und Gegner des NS-Regimes wurden dort vernommen, gefoltert, misshandelt und in weiterer Folge oft in Konzentrationslager verschleppt. Laut Festwochen wurden von der Leitstelle Wien 40.000 bis 50.000 Menschen in Karteien erfasst. Knapp vor dem Ende des Krieges wurde das Gebäude durch Bomben zerstört und später abgerissen.

Die Spurensuche gestaltete sich laut den Projekt-Initiatoren nicht einfach: Vom Hotel, das in Stefan Zweigs "Schachnovelle" verewigt wurde, blieben wenige Gegenstände oder Dokumente - was auch für die Terror-Zentrale gilt. Denn die Gestapo vernichtete ab Jänner 1945 durchgehend Akten. Die Festwochen nähern sich dem verschwundenen Luxushotel, das zur Hölle wurde bzw. den anderen nicht mehr existierenden Gebäuden in der Umgebung auf unterschiedliche Art und Weise.

Gegliedert ist das bis 21. Juni laufende Programm in mehrere Themenbereiche. Die Schwerpunkte widmen sich "kontaminierten" Orten, dem Widerstand, der Arisierung, Vertreibung und Deportation oder auch der Erinnerungskultur. Zu Wort kommen Zeitzeugen, Anrainer, Künstler und Wissenschafter. Während der kommenden vier Wochen werden Ausstellungen (etwa mit Werken aus der Kunstsammlung des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes bzw. eine Fotoschau zum Simon Wiesenthal Archiv), Symposien, eine Gesprächsreihe oder auch Rundgänge angeboten.

Zentrale Anlaufstelle ist der in einem ehemaligen Geschäft im Gebäude neben dem Figl-Hof eingerichtete temporäre Ausstellungsraum. Verlässt man ihn und betritt den Morzinplatz, den vermutlich unwirtlichsten Ort der City, stößt man während der Dauer der Produktion auf verschiedene Interventionen. Besonders auffällig: Ein Großplakat des Wiener Künstlers Oliver Ressler. Das Werk mit dem Titel "Untertauchen" zeigt den Figl-Hof vor einem überfluteten Platz, in dem sich das Hotel Metropole spiegelt. Im Wasser treibt ein lebloser Körper - ein Verweis auf die damals angewandte Foltermethode des Unterwasser-Tauchens genauso wie auf die europäische Flüchtlingspolitik der Gegenwart.

Das Festwochen-Projekt mit dem Titel "Hotel Metropole. Der Erinnerung eine Zukunft geben" soll der "unsichtbaren Topografie des Terrors" Sichtbarkeit verleihen, wie die Historikerin Heidemarie Uhl bei der Eröffnung am Donnerstagabend betonte. Das Metropole sei eines der "touristischen Flaggschiffe" der damaligen Zeit gewesen. An die dort geschehenen Grausamkeiten habe erstmals ein ohne behördliche Genehmigung aufgestellter Gedenkstein erinnert. 1985 sei das von der Stadt Wien errichtete Denkmal gefolgt.

"Aber Denkmäler zu setzen allein genügt nicht", warnte sie. Man müsse diese auch aus ihrer "kulturellen Unsichtbarkeit" holen. Auch der wissenschaftliche Leiter des DÖW, Gerhard Baumgartner, sprach von einem "wenig beachteten Erinnerungsort" und der Notwendigkeit neuer - künstlerischer - Zugänge. "Der Morzinplatz ist jener Ort, an dem die Wunden, die der Krieg hinterlassen hat, am sichtbarsten sind", konstatierte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ).

Die Enkelin ehemaliger Besitzer berichtete von dem, was ihrer Familie widerfahren ist. Wobei sie vorausschickte: "Das Schicksal meiner Großeltern ist ein sehr glückliches." Was 1938 schlicht bedeutete: Sie überlebten Wien - und konnten rechtzeitig fliehen.