Mitte Jänner nahmen Polizisten die österreichische Intendantin kurzzeitig in der spanischen Mittelmeermetropole fest und durchsuchten ihre Privaträume und Büros. Die spanische Staatsanwaltschaft für Korruptionsvergehen ermittelt wegen der möglichen Veruntreuung öffentlicher Gelder, Amtsmissbrauchs und Dokumentenfälschung gegen die Wienerin, die bereits wenige Tage nach der Durchsuchung ihres Amtes enthoben wurde. "Eine Person ist aber so lange unschuldig, bis man ihre Schuld nachweist. Es sind mittlerweile vier Monate vergangen, und ihr wurde bisher nicht einmal die Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen vor einem Richter zu äußern", kritisiert Domingo.

Er hoffe, dass sich die Situation bald klären und Schmidt die Möglichkeit geboten wird, ihre Unschuld zu beweisen. Dennoch kritisiert Domingo die Polizei-Razzia mit Mannschaftswagen und sofortige Amtsenthebung Schmidts. "Ich kenne Frau Schmidt seit 48 Jahren, als ich an der Wiener Staatsoper mein Debüt feierte. Ich glaube nicht, dass sie sich dieser Vorwürfe schuldig gemacht hat", so der Sänger.

Vorwürfe, Schmidt habe öffentliche Gelder veruntreut, in dem sie Kommissionen für Sponsorensuche nahm und Starsängern und berühmten Dirigenten überhöhte Gagen zahlte, schmettert Domingo ab. "Ich kann Ihnen versichern, dass unsere Gagen in Valencia nicht hoch waren. Im Gegenteil: Es ist eine kleine Oper mit wenig Budget, und ich hätte wesentlich mehr verdienen können, wenn ich die 40 Auftritte in Valencia abgesagt und an anderen Häusern gesunken oder dirigiert hätte", versichert der Startenor.

Hält Vorwürfe für "absurd"

Placido Domingo gibt auch zu bedenken, dass Helga Schmidt an anderen Opernhäusern als Intendantin viel mehr hätte verdienen können als am Palau de les Arts. Mit der Wirtschaftskrise sei sie sogar noch von der Regionalregierung gezwungen worden, ihr Gehalt um die Hälfte zu kürzen, so Domingo. "Helga Schmidt hat auf Geld verzichtet, um dieses neue Projekt in Valencia aufzubauen. Warum sollte sie dann so etwas machen?", fragt sich Domingo. Er hält die Vorwürfe der illegalen Kommissionen für Sponsorenverträge und Unregelmäßigkeiten von Künstlerverträgen für "absurd".

"Natürlich muss alles untersucht werden und die Justiz entscheiden, ob wirklich etwas Illegales gemacht wurde. Ich wüsste aber nicht, wie Schmidt das gemacht haben soll, was ihr vorgeworfen wird. Die Finanzkontrollen sind strikt. Ich bin selber Generaldirektor der Oper in Los Angeles und kann ihnen versichern, dass man in unserer Position selten mit Geld zu tun hat", so Domingo gegenüber der APA.

Ob es sich um einen politischen Komplott handle, wie Schmidt in einem von der APA vor kurzem veröffentlichen Offenen Brief mutmaßt, wisse er nicht. Doch auch er habe von einer kleinen, aber machtvollen Gruppe von Personen im Theater gehört, die Frau Schmidt gerne los werden möchten. Es scheint, als habe Schmidt im Palau Feinde. Sollte sich herausstellen, dass es sich um einen hausinternen Komplott handle, werde auch er sich überlegen, nicht mehr nach Valencia zu kommen, bis diese Personen die Oper verlassen haben, versichert Domingo. Bereits vor wenigen Wochen erklärte auch Stardirigent Zubin Mehta im APA-Gespräch, er werde erst dann wieder im Palau de les Art auftreten, wenn Helga Schmidt Gerechtigkeit widerfahre.

Placido Domingo hofft allerdings, soweit müsse es bei ihm nicht kommen. "Ich werde dem Palau und Valencia nicht den Rücken kehren, weil ich an dieses noch im Aufbau befindliche Theater glaube. Man kann das Projekt und die Oper jetzt nicht sterben lassen", so der Spanier, der am Palau mit seinem Opernstudio "Perfektionszentrum Placido Domingo" vor allem junge Sänger unterstützt.