Ein riesiger gelber Phallus begrüßt die Besucher vor dem britischen Pavillon, drinnen warten in Gips gegossene weibliche Unterleibe, in deren Öffnungen Zigaretten stecken: Sarah Lucas hält mit ihrer Biennale-Ausstellung, was ihr Name verspricht. Für Entspannung sorgt Nachbar Frankreich, wo Celeste Boursier-Mougenot einen Baum samt Wurzel und Erdreich im Atrium platziert hat.

Ähnlich wie in Heimo Zobernigs Österreich-Pavillon werden die gehetzten Giardini-Besucher hier eingeladen, sich niederzulassen, einmal durchzuatmen, die Grenzen zwischen Kunst und Garten verschwimmen zu lassen. Auf Podesten in den Nebenräumen ist Platz zum Sitzen, den Blick auf den entwurzelten Baum. Diese kleine Entspannung kann man gebrauchen, wenn man gegenüber den deutschen Pavillon betritt. Dieser ist nichts für Menschen mit Platz- oder Höhenangst: Durch einen kleinen Seiteneingang geht es eine enge Wendeltreppe in den ersten Stock.

Aufgeteilt ist der von Florian Ebner kuratierte Pavillon in mehrere "Produktionsstätten", die zusammen eine "Fabrik" bilden, wie schon der Schriftzug auf der Außenmauer verrät. Ganz oben regiert Tobias Zielonys "Print Unit", die sich mithilfe von Fotos und Zeitungen mit der Situation von afrikanischen Flüchtlingen in Deutschland auseinandersetzt. Über eine Treppe geht es hinab in das verdunkelte "Motion Capture Studio" von Hito Steyerl, die vor blauen Neon-Rastern ein Video über die "Schnittstelle zwischen körperlicher und virtueller Welt" zeigt. Olaf Nicolai ist mit der Installation "Giro" vertreten, "Rooftop 1&2" nennt sich die rekonstruierte Bühne von Jasmina Metwaly und Philip Rizk: Sie diente den Künstlern in Kairo als Schauplatz für ein partizipatives Projekt.

Schon von weitem sichtbar ist die Installation des iranischen Künstlers Tsibi Geva, der den Pavillon seines Landes mit mehr als tausend gebrauchten Autoreifen umhüllt hat. Innen finden sich Ansammlungen von Alltagsgegenständen: Fenster, Jalousien, Parkett-Reste. In ihrem Arrangement verlieren sie ihre ursprünglichen Funktionen und evozieren - ebenso wie die Fassade - ein Nachdenken über den Umgang mit Ressourcen in unserer heutigen Wegwerfgesellschaft. Genannt hat Geva seine Ausstellung übrigens "Archäologie der Gegenwart".

Alles andere als vollgestopft ist der ungarische Pavillon, dessen Ausstellungsräume sich um einen Innenhof gruppieren. Hier beschäftigt sich Szilard Cseke mit "Sustainable Identities". Den stetigen Fluss der Identitäten, die ein Mensch im Laufe seines Lebens annimmt, symbolisieren durchsichtige Glasrohre, die über den Köpfen der Besucher durch den Raum verlegt sind. In ihnen befinden sich Kugeln, die von Ventilatoren durch die Rohre gejagt werden. Eine mögliche Vernetzung, wie die sich kreuzenden Rohre suggerieren, stößt jedoch an die starren Grenzen des Materials.

Eindeutig vernetzt sind die roten Fäden, an denen im japanischen Pavillon abertausende Schlüssel hängen. Das Netz der Fäden taucht die Räume, auf deren Boden Wracks von Booten platziert sind, in bedrohliches Rot: Chiharu Shiotas "The Key in the Hand" lässt an die im Meer gestorbenen Flüchtlinge erinnern, die meinten, den Schlüssel für ihre Zukunft bereits in der Hand zu halten....