Tanz darf handlungslos sein, nicht aber dramaturgie- oder textlos, meinte Schläpfer im Vorgespräch. Dem entspricht Killmayers Musik, die "vorsichtig, aber nicht zaghaft, reduziert, aber nicht minimalistisch" sei. Dennoch habe er noch "selten so ein hartes Ballett gemacht", so Schläpfer. Davon merkt man als Zuseher gar nicht so viel. Eher wird in geradezu klischeehaft eidgenössischer Bedächtigkeit eine Art Tafelbild entworfen mit Frauen in rustikalen Kleidern und mit Haarkränzen aus Zöpfen, die Männer tragen Röcke. Langsam, fast wie in Zeitlupe, entstehen kleine Szenen, oft nur Gesten, Andeutungen. Zum effektvollen Schluss tragen die Tänzer Wasserschaffel auf die Bühne und nehmen ein lustvolles Fußbad, dass es nur so spritzt und schwappt. Ein Akt finaler Befreiung, sichtlich auch für das amüsierte Publikum.

Im wahrsten Sinn auf die Spitze treibt Schläpfer seine Ballerinen bei Brahms, den er als kulinarische Unterlage für eine Reverenz an das klassische Repertoire a la Schwanensee, Giselle oder Bayadere verwendet. "Es interessiert mich nicht, eine Version von 'Schwanensee' mit neuem Schrittmaterial zu zeigen", wird Schläpfer im Programmheft zitiert. Hingegen montiert er konventionelles Schrittmaterial und Deja-vu-Stereotypen in neue Kontexte und schafft daraus eigenartige inhaltliche Konstellationen, deren Stimmigkeit sich nicht immer erschließt. Höhepunkt ist wohl der dritte Satz mit einem grandiosen Solo von Marlúcia do Amaral, deren Virtuosität ins Marionettenhafte, zeitweise beinahe Parodistische driftet. Die lahmenden und hinkenden Schwäne im letzten Satz deuten ebenfalls in diese Richtung.

Es bleibt ein Rest an Ratlosigkeit. Schläpfer will kein Neoklassizist sein, wirkt aber als klassizistischer Konstruktivist in seinem offensichtlichen Bemühen, Versatzstücke aus dem reichen Fundus des klassischen Balletts wie Module eines Baukastensystems zu kombinieren. Das hat einerseits etwas sympathisch Spielerisches an sich, wird sichtlich auch in höchster Präzision umgesetzt, bleibt jedoch gelegentlich im zitathaften Arrangement der Augenblicke hängen. Das Publikum zeigte sich angetan und geizte nicht mit Beifall. Im April 2016 kommt das Ballett am Rhein ein drittes Mal nach St. Pölten.