"Das ist jedenfalls ein Kontrastprogramm zu dem, was wir in den letzten Tagen auf Tour gehabt haben", ergänzte Schlagzeuger Florian Meindl. Denn anstelle eines vollen Sets galt es in der ausverkauften Halle des Kulturzentrums Melkweg nur einen Song zu performen. "I Am Yours" kam bei den rund 1.500 enthusiastischen Fans gut an, bejubelt wurden an diesem Abend aber durch die Bank alle ESC-Titel. Vom Auftakt mit der polnischen Vertreterin Monika Kuszynska ("In The Name Of Love") über die energetische Performance des "Golden Boy" Nadav Guedj aus Israel bis zum als Favorit gehandelten Schweden Mans Zelmerlöw ("Heroes").

Er setzte am Nachmittag vor dem Konzert ganz auf Understatement, als er sich den Journalisten und Fans am Rande des Vondelparks bei strahlendem Sonnenschein stellte. Dort hatten alle Delegationen Aufstellung genommen, plauderten die Sängern miteinander und wurden immer wieder kurz die Songs angestimmt. "Ich bin so froh, ein Teil hiervon sein zu können", betonte Zelmerlöw. "Natürlich kenne ich diese Spekulationen über meine Favoritenrolle. Aber ich versuche nicht daran zu denken, sondern alles zu genießen und mein Bestes zu geben. Der Song Contest war immer ein Traum von mir." Nimmt man den Andrang bei den Interviews als Gradmesser, kann Zelmerlöw dem Semifinale am 21. Mai gelassen entgegenblicken. Und auch sein Song, den er im Melkweg gänzlich ohne Visuals performte, konnte in der Liveumsetzung überzeugen.

Selbes gilt allerdings auch für "A Monster Like Me": Die eigenwillige Ballade des norwegischen Duos Kjetil Mörland und Debrah Scarlett war vielleicht eine der großen Überraschungen des Abends. Zwar hatten auch sie mit dem außerordentlich schlecht abgemischten Sound der Halle zu kämpfen, aber die sich stetig steigernde Nummer überzeugte den Großteil der Anwesenden. "Die Leute sollen sich auf die Musik konzentrieren können und nicht zu viel abgelenkt werden", gab Scarlett als Devise für ihre Bühnenshow aus. In Amsterdam hat das jedenfalls funktioniert. "Die Verbindung zum Publikum ist ganz wichtig", unterstrich Mörland. "Aber wir sind sehr zuversichtlich."

Ob sie die skandinavischen Erfolge beim ESC fortsetzen können, muss sich allerdings erst zeigen. Wie es klappen könnte, haben nicht nur Bobbysocks 1985 mit "La det swinge" unter Beweis gestellt. Gestern durften die beiden Sängerinnen in Glitzeroutfits als großes Finale des Abends für ein bisschen Nostalgie sorgen. Bereits am Nachmittag stellte sich auch Getty Kaspers dem Blitzlichtgewitter: Die gebürtige Steirerin hat 1975 mit der Formation Teach-In für Holland den Song Contest gewinnen können. 40 Jahre nach "Ding-a-dong" blickt sie gespannt auf den Jubiläums-Bewerb in Wien. "Damals war es ja viel kleiner, es war einfach anders. Aber es verändert sich jedes Jahr so viel in der Welt, und auch der Song Contest muss mit der Zeit gehen. Im Leben muss man immer umdenken können. Wenn du nur geradlinig denkst, kommst du nirgends hin."

Bis zum ESC-Titel ist es für die diesjährigen Kandidaten jedenfalls noch ein weiter Weg. Vordergründig dürfte beim ersten Kräftemessen in Amsterdam ohnehin das Motto "Dabeisein ist alles" gegolten haben. Für die Makemakes war der Stopp einer von aktuell vielen, pendelt man derzeit doch zwischen Österreichtour und Europapromotion. "Schlafen tun wir derzeit nicht viel, aber damit kann man leben", erklärte Sänger Dominic Muhrer. Die steigende Popularität habe die Band jedenfalls nicht verändert. "Wir freuen uns einfach. Man braucht ja Fans, um längerfristig Musik machen zu können."

Dem Song Contest möchten sie hingegen "ein Stück echte Musik geben", so Muhrer. "Wir wollen, dass wieder die Musik für sich spricht und dass das Lied selbst einfach zählt." Was die Performance angeht, werde man sich vom Rest deutlich unterscheiden, wie Makemakes-Manager Paul Estrela sagte. "Wir haben vielleicht nicht das größte Feuerwerk. Es soll einfach gehalten werden und dem Song entsprechen." Das Bühnendesign könne man sich als "Hommage an große Rockbühnen" vorstellen. "Wir werden das nutzen um klar zu definieren, was die Band ist."

In Amsterdam galt die minimalistische Variante vorerst für alle Künstler: Meist nur mit einem Mikrofon ausgestattet, standen so die Songs und besonders die Stimmen im Fokus. The Makemakes konnten sich hierbei durch das Setting mit Klavier, Schlagzeug und Bass hervortun - auch wenn die Musik vom Band kam. "Es war auf jeden Fall anders", meinte Meindl gut gelaunt nach dem Auftritt. "Ich glaube, unsere Nummer ist ganz gut angekommen. Leider war es sehr kurz, da würde man gerne mehr spielen. Aber so war es einfach eine große Generalprobe für die Generalproben", grinste der Schlagzeuger. Der Song Contest kann also kommen.