Etwas schrill wurde es etwa, als Gary Lux seinen Song aus dem Jahr 1985, "Kinder dieser Welt", der damals Platz acht erreichen sollte, noch einmal darbot. Charmant hingegen geriet der Auftritt von Bettina Soriat, die inzwischen Teil eines A-Capella-Quartetts ist und mit diesem ein Udo Jürgens-Medley zum Besten gab.

Neben der heimischen ESC-Historie mit ihren 48 Antritten war natürlich auch der Song Contest an sich ein Thema. "Guter Pop ist immer ein Spiegel seiner Zeit. Beim Song Contest ist der Spiegel ein bisschen platter und breiter - und das ist gut so, denn wenn man die Zeit Revue passieren lässt, sieht man auch die gesellschaftlichen Themen", beschrieb Totzler das Wesen des ESC. So hätte Conchita Wurst das Thema Toleranz in basisnaher Weise vermittelt.

Wurst war zwar am Mittwoch nicht live anwesend, doch immerhin neun Antritte Österreichs vereinten die im Innenhof anwesenden Musiker - Gary Lux, Thomas Forstner, Tony Wegas, Bettina Soriat, Manuel Ortega und Eric Papilaya - in Summe. Bis auf letztgenannten Künstler waren alle auch gestern live auf der kleinen Bühne mit einem Song angetreten.

Allen war zudem gemein, dass die Erinnerung an den eigenen Song-Contest-Antritt ein prägender Moment geblieben ist - selbst für Papilaya, der 2007 mit dem 27. Platz vorlieb nehmen musste. "Ich hab mir nicht vor Augen gehalten, dass das jetzt Unmengen von Menschen sehen. Es war wie ein normaler Auftritt für mich", sagte der als österreichischer Tom Jones angekündigte Tony Wegas (Antritte 1992 und 1993). Seine imposanteste Erinnerung: "Wie wir den Whiskey bekommen haben im Reisebus - gleich beim Flughafen in Irland."

Thomas Forstner, 1989 und 1991 angetreten und seit vielen Jahren musikalisch für den Kiddy Contest tätig, bekommt noch heute eine Gänsehaut, wenn er an seine Auftritte denkt. "Was mich erstaunt hat, war die unfassbare Menge an Menschen. Ich hab nachher erfahren, dass Millionen Zuschauer meinen Beitrag gesehen haben. Das vergisst man nicht mehr, denn so eine Möglichkeit hat man nicht oft."

Positiv wird natürlich der Song Contest in Wien gesehen: "Nachdem wir jetzt endlich wieder dran sind, hoffe ich, dass sich jetzt eine neue Generation dafür begeistern kann", so der 45-jährige Forstner. Gary Lux, der neben seinen Auftritten 1985 und 1987 auch öfter als Backgroundsänger dabei war, sieht Österreichs Vertreter The Makemakes als optimale Wahl: "Sie waren meines Erachtens auch die besten. Auch diese ganze Euphorie ist gut im Vorfeld. Im Endeffekt zählt aber das Charisma beim Auftritt."

Ob es nach dem zweiten Sieg für Österreich noch Steigerungsmöglichkeiten gibt, bezweifelte indes Papilaya. "Mit Conchita haben wir das Ding jetzt einmal nach Österreich geholt, viel weiter rauf geht es wohl nicht mehr", lautete seine Prognose. Die angesprochene Conchita Wurst weilte am Mittwoch in London - eine Videobotschaft für die Anwesenden gab es zum Trost.