Und das, obwohl gleich das erste Werk im Großen Festspielhaus mit Vorfreude und Erwartungen des Publikums aufgeladen war - der Abend startete mit Tschaikowskis 1. Klavierkonzert in b-Moll. Natürlich muss sich jedes Orchester in diesem rund um den Solopart konstruierten Werk zurücknehmen und darf sich klangdynamisch keinesfalls in den Vordergrund drängen. Aber wach und aufmerksam begleiten, schnell auf Tempoänderungen reagieren und "mitspielen", das ist von einem Klangkörper internationalen Formats und einem Dirigenten wie Daniele Gatti schon zu erwarten.

So war es ausschließlich dem Pianisten Arcadi Volodos zu danken, dass dieses Jahrhundertwerk nicht in Fadesse erstickte. Der St. Petersburger Virtuose reproduzierte Tschaikowski technisch makellos, schlank und wendig. Bisweilen knallte er die Akkordkaskaden aber auch kraftvoll und wild entschlossen in den Steinway. Volodos' Anschlag ist kultiviert, sein Tempokonzept ist klar und eindeutig. Nicht die kleinste Note geht verloren, auch in den rasenden Passagen der Ecksätze bewahrt der Russe Haltung und Geschmack, auch wenn ihm das Orchester bisweilen nur träge zu folgen wusste und oft ärgerlich weit hinterher spielte.

Langsam in die Gänge kam die Staatskapelle dann in der groß angelegten Symphonie Nr. 10 von Dmitri Schostakowitsch. Im episch breiten Kopfsatz noch nicht, aber im zweiten Satz, einem knackig-wilden Allegro, schien Gatti seine Musiker endlich aufgeweckt zu haben. Erstmals an diesem Konzertabend im nicht ganz voll besetzten Großen Festspielhaus kam Spielfreude auf. Erst jetzt war zu ahnen, was in der Staatskapelle an Klang und Kraft drinsteckt und eigentlich vom ersten Ton an mobilisiert hätte werden können. Das Publikum war am Ende - wohl nicht zuletzt dank Schostakowitschs großartiger Komposition - versöhnt.