Im Prolog sieht der Zuseher das Opfer und die vermeintlichen Täter: Auf der einen Seite ein fröhlicher Musiker namens Daniel Gerber (Matthias Reichwald), der mit seinem Hund auf der Straße lebt. Auf der anderen Seite drei präpotente Banker, die es gewohnt sind zu bekommen, was sie haben wollen. Die klischeehafte Darstellungen dieser beiden Seiten bleiben nicht die einzigen im Kölner "Tatort". Da gibt es noch Punks, die an einem Lagerfreuer chillen und Kommissare, die mit der Kaffemaschine überfordert sind, weil sie noch immer auf die neue Assistentin (die übrigens ein Assistent sein wird: Patrick Abozen) warten.

Die scheue Frau Petersen und Kunstprofessorin Denk
Die scheue Frau Petersen und Kunstprofessorin Denk © ORF/Menke

Schon nach wenigen Minuten scheint der Fall klar zu sein und die Lösung durch die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) absehbar. Doch dann erfährt man, dass der Mord aus Frust und übersteigerter Emotionalität keiner sein hätte müssen, wäre dem Musiker rechtzeitig geholfen worden. Bevor er nach einer Schlägerei an seinen inneren Blutungen verstarb, hatte er in einem Wohnhaus vergeblich Hilfe gesucht. Die Bewohner, eine alleinstehende Kunstprofessorin, eine scheue Übersetzerin, ein Eishockeytrainer und ein älteres Ehepaar bilden in weiterer Folge als Mikrokosmos das dramaturgische Gerüst der Ermittlungen.

Es beginnt ein Spiel mit anonymen Mitspielern, die nach und nach ihre Karten offen zeigen müssen. Die Ermittlungen bringen die kleinen und großen Geheimnisse zutage und entblößen eine raue Welt aus Gewalt, Prostitution und gesellschaftlichen Zwängen. Dem Versteckspiel kommt auch Kommissar Freddy Schenk nicht aus, der sich in die Kunstprofessorin Claudia Denk (Ursina Lardi) verschaut und damit nicht nur seine Frau, sondern auch seinen Kollegen hintergeht. (Schenks Balzversuche sind zweifelsfrei die schwächsten Minuten dieser "Tatort"-Episode.)

Schenk tanzt und riskiert einen Fehltritt
Schenk tanzt und riskiert einen Fehltritt © ORF/Menke

Nicht der Mord steht im Mittelpunkt der Kölner "Tatort"-Episode, sondern die Suche nach der Schuld und der Wahrheit. Eine ewig spannende Thematik, die man am "Tatort"-Sonntag aber schon prickelnder erlebt hat.