Irgendwie klang ja schon der junge Lenny so, als wäre er schon immer da gewesen. Das hält seinen Retro-Rock'n'Funk'n'Soul bis heute zeitlos jung. Und wenn der mittlerweile auch schon 50-Jährige im Körper eines muskelgestählten Jungmusikers auf Tour geht, hat er mehr als eine Handvoll Hits und Klassiker im Handgepäck, die er jederzeit zünden kann, wenn die neuen Songs nicht genug Pfeffer haben.

Lenny ließ es krachen

Im Konzert in der Wiener Stadthalle servierte er jedenfalls eine handverlesene Mischung vor allem aus den Krachern seiner ersten fünf Alben und Nummern seines aktuellen Werks "Strut". Eine perfekt disponierte Band drückte bei "Are You Gonna Go My Way", "Always on the Run" oder "It Ain't Over Till It's Over" den unverwechselbaren Kravitz-Sound so funkig ins Publikum, wie ihn der Sänger im Studio für gewöhnlich mit so gut wie allen Instrumenten gerne im Alleingang einspielt. Aber auch "Strut" und "The Chamber" oder "New York City" vom neuen Opus fuhren den Fans in die Glieder.

Dass der Multimusiker, Möbeldesigner und Schauspieler ("Tribute von Pane") in den letzten Jahren eher dahinplätschernde Alben eingespielt hat, ließ er mit dem Gig in Wien jedenfalls spielend vergessen. Die Performance bewies, dass Kravitz längst nicht nur aus der Vergangenheit schöpfen muss. Doch die flügellahmen 2000er-Jahre dürften schuld daran sein, dass die Halle noch für weitere Fans ausreichend Platz geboten hätte.

Den Saal im Griff

Einer der Höhepunkte der Show: ein episches, emotionales, psychedelisches "Sister", bei dem der sehr starke Lead-Gitarrist Craig Ross erstmals so richtig vom Leder zieht. Sehr kräftig auch "Let Love Rule" vom gleichnamigen ersten Album aus 1989, das mit Bombast zur 15-Minuten-Nummer ausgebaut wird. Wenn Lenny die "Black Beauty", die Gibson mit den drei Humbucker-Tonabnehmern umschnallt und das Riff von "Always on the Run" anspielt, hat er den Saal im Griff und mit einem brachialen "Fly Away" hat er endgültig bewiesen: Kravitz kann immer noch fliegen. Aber richtig!