Sie ist die Fürstin der Pop-Finsternis. Anja Plaschg alias Soap & Skin wurde in den letzten Jahren als österreichischer Musikexport Nummer eins gefeiert, mit einer Art von Musik, die für gewöhnlich nicht auf dem ersten Platz der Albumcharts landet. Vielleicht auch, weil es diese Art von Musik zuvor nicht gegeben hatte. Ihre Klaviertasten verwendet die Steirerin wie Dolche, die sie in die Herzen der Hörer treibt, ihre avantgardistische Elektronik irritiert, weil sie in dieser Form noch nicht zu hören war. Das alles vollbrachte sie in einem Alter, in dem andere in der Garage sitzen und die Gitarren und die Nachbarn quälen.

Der Hamburger Anton Spielmann gibt den Gitarre spielenden Romeo
Der Hamburger Anton Spielmann gibt den Gitarre spielenden Romeo © Armin Smailovic

So einer war Anton Spielmann, der parallel zu Plaschg (beide sind Jahrgang 1990) in Hamburg eine eigenwillige Indie-Band namens 1000 Robota zu mittelgroßem Erfolg führte. Die einen hassten die Band, schlicht und einfach weil die beiden Sänger nicht singen können, die anderen liebten sie – wahrscheinlich aus demselben Grund.

Kitschiger Stoff

Plaschg und Spielmann polarisierten auf unterschiedliche Weise, beide wurden gefeiert. Und plötzlich standen sie im September dieses Jahres gemeinsam auf einer Theaterbühne – am Hamburger Thalia-Theater, um genau zu sein. Die Regisseurin Jette Steckel trat bereits 2012 an Plaschg heran. „Ich war von der Absurdität dieser Anfrage beeindruckt“, erinnert sich die Jungmusikerin. „Romeo und Julia war bis dahin der abgegriffenste und kitschigste Stoff, den ich mir im Theaterbereich vorstellen konnte.“ Doch sie wurde schnell eines Besseren belehrt. Denn Steckels Inszenierung gleicht keiner anderen. Die beiden Hauptcharaktere werden auf dreierlei Weise dargestellt: Plaschg agiert als musikalische Übersetzung der shakespeareschen Julia, Spielmann als männliches Pendant Romeo. Auf theatralischer Ebene spielen Birte Schnöink und Mirco Kreibich. Dahinter stehen noch jeweils 20 Romeos und Julias, die den postpubertären Liebeskummer darstellerisch intensivieren.

Morgen überträgt 3sat eine Aufnahme des großteils hochgelobten Stückes. Mittendrin steht Plaschg, die sich ihre schwarze Seele aus dem Leib singt. Die 24-Jährige zeigt gekonnt, wie düster die Liebe sein kann, wie zerbrechlich und gleichzeitig zerstörerisch. Doch sie selbst ist skeptisch: „Ich gehe nicht davon aus, dass die Fernsehübertragung mit der Liveaufführung vergleichbar ist.“

GREGOR KRENKER