Macht zerstört Liebe, und die Kabale (altes Wort für Intrige) ist und bleibt dafür das beste Werkzeug. Ein heute lächerlich wirkender Schwur versetzt dem Glück den Todesstoß, und die Tragödie nimmt ihren Lauf. So wie Schiller die Hierarchien, gesellschaftlichen Gefüge und bürgerlichen Werte des späten 18. Jahrhunderts im Jahr 1784 beschrieben hat, ist der im doppelten Giftmord mündende Ablauf kaum noch nachvollziehbar. Dass das Stück auf der Bühne dennoch funktioniert, liegt an der sprachlichen Präzision dieses großen Autors und der phänomenalen dramaturgischen Dichte dieses Stücks. Nicht zuletzt aber auch an der leichten, schnörkellosen Umsetzung des Stoffes durch das Team im Salzburger Landestheater.

Die Wirkung der aus der Bühnentiefe zum vorderen Bühnenrand hin abfallenden, schrägen Spielfläche soll das Gefälle der Macht symbolisieren, was ein wenig abgegriffen wirkt. Aber Regisseurin Liedtke und ihr Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt kommen mit einer einzigen, klug gedachten Trennwand aus, mit der die Verbindung von Welt und Privatraum eindringlich suggeriert wird. Davor gibt es so gut wie keine Möblierung, kaum Requisiten, einen kahlen, offenen Theaterraum und einen genialen Effekt: Massenweise herunter rollende Messinghülsen vermitteln andauernde Unruhe, ohne die Geschichte substanziell zu stören.

Die zentralen Spieler sind blutjung und ansehnlich. Clemens Ansorg als "Mayor Ferdinand" und seine liebste "Luise Miller" Sofie Gross singen beziehungsweise sprechen gut und werden ihre Wirkung beim jungen Publikum nicht verfehlen. Auch "Präsident von Walter" Marcus Bluhm ist derart locker und sympathisch, dass man sich hüten muss, ihn zu mögen, diesen zerstörerischen Machtmenschen mit Leichen im Keller. Tim Oberließen gibt den Hofmarschall von Kalb extrem überzeichnet, grotesk und witzig. Auch diese Figuren-Inszenierung mag aus Oberließens komödiantischem Talent und einem auf Schulklassen schielendem Kalkül entstanden sein. Ober-Intrigant "Wurm" ist mit Hanno Waldner hervorragend besetzt, der Mann ist wirklich ein überzeugender Widerling. Auch Walter Sachers als "Musikant Miller" und Britta Bayer als dessen Frau liefern gutes, seriöses Theaterhandwerk und tragen dazu bei, diese Tragödie jugendlich flott wirken zu lassen.

So sind wohl auch die skurril-pfiffigen Kostüme von Lane Schäfer und die Live-Musik von Jürgen Beitel gedacht, der mit rockiger E-Gitarre und balladeskem Keyboard Illustrierendes von Elvis bis Curt Cobain beisteuert. Das wirkt ein wenig gewollt. Aber es trägt ebenfalls dazu bei, "Kabale und Liebe" für Deutschmaturanten und ihre aufgeschlossenen Kollegen kulinarischer zu gestalten.

Herauszugreifen aus dem Ensemble von guten, vereinzelt allerdings mit erheblichen sprachlichen Deutlichkeitsproblemen kämpfenden Schauspielern ist Julienne Pfeil als Lady Milford. Ihre zweite Schlüsselszene, in der sie förmlich zerrissen wird zwischen Reue und Scham auf der einen und hochmütiger Wut auf der anderen Seite, ist große Schauspielkunst. Auch dafür ist Platz in dieser Inszenierung des Schiller-Klassikers, der - behutsam modernisiert - nicht nur der interessierten Jugend zumutbar, ja dringend ans Herz zu legen ist.