Isabelle Allendes "Das Geisterhaus", "Der Prozess" von Franz Kafka, Peter Handkes Erzählung "Wunschloses Unglück" oder Texte von Josef Winkler - das Theater greift nach der Prosa. Nun ist auch der "Engel des Vergessens" auf der Bühne gelandet.

Der Triestiner Slowene Igor Pison hat den Bestseller der Kärntner Slowenin Maja Haderlap dramatisiert und inszeniert - gleich an der ersten Adresse. Ein Glücksfall, denn das Slowenische Nationaltheater in Ljubljana verfügt über Schauspieler, die Haderlaps "Angel pozabe" auf Burgtheaterniveau spielen. Die Aufführung fegt etwaige Einwände, wieso man den weiten Bogen eines Romans auf die paar Quadratmeter des "mala drama" (die kleine Bühne) zwingt, schon in der ersten Szene weg. Mit wenigen Handbewegungen erzeugt die hinreißende ?asa Pavcek eine Atmosphäre, in der man fast das Brot zu riechen glaubt, dessen Teig sie als Großmutter knetet.

Eine sichere Hand bewies auch Pison bei der Auswahl der Text- und Themenblöcke. Das Stück funktioniert als Sammlung von Erinnerungen, vordergründig an das Leben im abgelegenen Tal hinter Eisenkappel/?elezna Kapla. Eine Idylle, wären da nicht die Traumata. Die Ich-Erzählerin aus dem Buch, auf der Bühne eine "Sie" im kindlichen Hängekleid, schreit das Entsetzen vom ersten Schwimmversuch heraus, bei dem ihre Begleiterin gestorben ist. Die anderen - lebenslangen - Schrecken kommen vergleichsweise leise daher: In einem Duett verschränken sich die Erzählung der Großmutter vom Lager Ravensbrück und jene des von Nazi-Polizisten misshandelten Vaters. Janez ?kof spielt diesen Grenzgänger zwischen extremen Stimmungen. Auf der kaum möblierten Bühne drischt er derart auf ein paar Ziegel ein, als gelte es ein Haus niederzureißen - was er ja tatsächlich vorhat.

Mit Barbara Cerar (als Tochter) gelingen diesem Energiebolzen Illustrationen quasi aus dem Nichts: pure Illusion der Nachbartisch im Wirtshaus, der Traktor, die Wiener Ringstraße, der Stephansdom, wo er den Mostkanister stehen lässt. Wie gut der Theaterzauber funktioniert, und wie gut Witz und Poesie aus dem Buch für die Bühne gerettet wurden, zeigt sich, wenn ?kof Harmonika spielt. Unverkennbar. Hörbar. Und ohne Instrument.

Im Herbst wird "Angel pozabe" im Theaterabo des Slowenischen Kulturverbandes in Kärnten (Bleiberg/Pliberk, St. Johann/Rosental, Eisenkappel/?lezna Kapla) zu sehen sein. Dass die Produktion als Gastspiel (mit deutschen Untertiteln auch) ins Stadttheater Klagenfurt gehört, sei hier auch deponiert.

Termine: 17., 18., 31. März, 20 Uhr. Drama Ljubljana. www.drama.si