S ie haben kurzem ein farbiges Kind adoptiert. Der Bub trägt den Namen Jackson. Wo ist er jetzt, während der Interviews?

CHARLIZE THERON: Ich habe ihm eine Fläschchen-Galerie auf das Zimmer gestellt und gesagt, er soll sich bedienen. Nein, im Ernst: Oma ist bei ihm.

Wie ist es, Mutter zu sein?

THERON: Für mich war es das größte Geschenk. Ich schwebe auf Wolke sieben. Es ist eine unglaubliche, große Liebe. Jackson das erste Mal im Arm zu halten, war absolut überwältigend. Ich werde natürlich immer wieder gefragt, ob ich nicht auch eigene Kinder möchte. Nun, das hängt davon ab, wie sich mein Leben entwickelt, in welcher Beziehung ich bin. Ergibt es sich einmal - schön. Wenn nicht - auch okay.

Von großen, angenehmen Gefühlen zu Neid und Hass: Diese Königin Ravenna in "Snow White & The Huntsman" ist ja ein gar garstig Ding?

THERON: Sie ist erschreckend. Als wir eine Woche vor Drehbeginn über sie diskutierten, wurde mir in meinem Kopf ganz schwummelig. Ich konnte gar nicht abschalten.

Im Film gibt es zwei optisch tolle Momente. Einmal sitzen Sie als Ravenna mit dem Rücken zum Publikum splitternackt da, und da wird einem allein vom Anblick eiskalt. Ein anderes Mal nehmen Sie ein Milchbad. . .

THERON: In dieser Nacktszene wirkt Ravenna wie ein wildes Tier in einem Käfig. Das Milchbad wurde am allerletzten Tag in den Pinewood Studios gedreht. Es war zwei Uhr morgens und eiskalt. Die Milch auch, also zierte ich mich, da reinzutauchen. Die Crewmitglieder waren schon todmüde und trieben mich an: "Go on, Charlize, go on!" Als sie mir die Milch auch noch aufwärmten, war ich bereit. Beim Auftauchen sah ich dann aus wie eine auferstandene Leiche.

Ravenna ist machtgierig und voller Hass. Was halten Sie von diesen Eigenschaften?

THERON: Machtgier ist für mich absolut lächerlich. Was Ravennas latenten Hass betrifft, versuchte ich, ihre Beweggründe zu verstehen, denn mich fasziniert es herauszufinden, warum Menschen von Rachegefühlen getrieben werden. Ich mag es, das Puzzle zusammenzustellen.

Kennen auch Sie Hassgefühle?

THERON: Ich hasse Straßenstaus und Fenchel. Grundsätzlich tragen wir alle einen Mix an Gefühlen in uns. Ich fühle mich recht ausbalanciert und mag es, als guter Mensch zu gelten.

Wie war es, diesen Charakter über Monate zu spielen?

THERON: Wir Schauspieler sind ja wie Kinder und wachsen in einem Spielzeugzimmer auf. Nur: Hier waren die Spielzeuge noch viel größer und unglaublicher.

In einer Schlüsselszene verändert sich Ihr bildschönes Gesicht plötzlich in eine alte Fratze?

THERON: Ein Latex-Meisterstück meiner Make-up-Leute. Ich habe meiner Mutter ein Foto geschickt, mit dem Vermerk: "Ich habe heute die Nacht durchgemacht, und jetzt schaue ich so aus!" Sie hat mir gemailt: "Oh du lieber Gott!" Als sie den fertigen Film sah, sagte sie: "Du hast denen, die dich so hergerichtet haben, hoffentlich kein Foto von mir als Vorlage gegeben."

In Hollywood gelten Sie als "Frau mit sieben Gesichtern". Was halten Sie davon?

THERON: Sieben Gesichter? Wenn die bloß wüssten, wie schwer es allein schon ist, nur ein einziges zu haben!

2007 waren Sie "the sexiest woman alive". Wichtig oder egal?

THERON: Sehen Sie, da wären wir auch beim Problem der bösen Ravenna. Sie kann es nicht ertragen, älter zu werden. Ich möchte mit dem herrschenden Schönheitswahn nichts zu tun haben. Wer sich mit dem Älterwerden schwer tut, ist selbst schuld. Frauen sollten nicht so viel Energie darauf verschwenden, möglichst jung auszusehen. Ich persönlich verschwende meine Gedanken nicht gern an Selbstverständlichkeiten. Und selbstverständlich ist, dass wir älter werden und sterben müssen.

Nicht nur das Aussehen von Ravenna ist teils schrecklich, sie schreit auch markerschütternd sind. Wie schafften Sie das?

THERON: Wir drehten das einen ganzen Tag lang. Ich habe geschrien, geschrien, geschrien und mich dabei offensichtlich total verausgabt. Um zwei Uhr nachts spürte ich plötzlich höllische Schmerzen im Bauch. Ich musste zum Arzt: Bauchmuskelzerrung.

Sie sind deutschstämmig. Können Sie ein bisschen Deutsch?

THERON: Mir wurde von Vorfahren, die vor etwa 300 Jahren lebten, deutsches Blut vererbt. Meine Eltern lebten in einer deutschsprachigen Kolonie in Namibia, bevor wir nach Südafrika zogen. Was ich kann? Zum Beispiel: Ich will schlafen. Ich will essen, Ich will trinken. Ich will tanzen.

Und: Wollen Sie tanzen?

THERON: Ich lerne meine Texte gewissenhaft, aber ich spreche sie nicht gern, drücke die Emotionen lieber mit meinem Körper aus. Da nützt meine frühere Tanzausbildung sehr viel. Aber nichts ist so schnell abgenützt wie das Knie, jede Bewegung des Körpers geht übers Knie. Großes könnte ich tänzerisch heute nicht mehr leisten. Doch zu Hause tanze ich gern mit Jackson, und er liebt das.

Sie kommen bald in "Prometheus" in unsere Kinos. Und Sie wirken in einer Neuverfilmung von "Mad Max" mit - welche Rolle spielen Sie da?

THERON: Wenn ich Ihnen das jetzt erzähle, kreuzigen mich die Produzenten. Daher nur so viel: Wir filmen das, was damals war, nicht noch einmal. Es wird eine absolute Neuinterpretation. INTERVIEW: LUIGI HEINRICH