In den vergangenen Jahren hatte Luc Bondys Gesundheitszustand immer wieder zur Sorge Anlass gegeben. Heute spricht er zwar bedächtig und leise, wirkt aber agiler als zuletzt - eine Untertreibung, wie er findet: "Es geht mir dermaßen besser, als es mir schon gegangen ist in den letzten Jahren, dass ich beschwöre, dass es so weitergeht. Seit meiner Kindheit war ich immer von der Natur bestraft. Ich hatte ein schwieriges Schicksal, was die Gesundheit angeht, aber ich denke: So muss es jetzt bleiben."

Im September hatte der 63-Jährige die Regie von Botho Strauß' "Groß und Klein" in der von ihm eingefädelten Koproduktion mit Cate Blanchetts Sydney Theatre Company abgeben müssen, da er sich außerstande sah, zu den Proben nach Australien zu fliegen. "Ich hätte es sehr gerne selbst gemacht. Aber es ist ein Riesenerfolg geworden. Als ich das Stück kürzlich in Paris gesehen habe, war ich etwas wehmütig, weil ich Blanchett dermaßen herrlich finde", erzählt er. Und die Zusammenarbeit mit dem australischen Hollywoodstar möchte er am Pariser Theater de l'Odeon nachholen, dessen Direktion er kürzlich von Olivier Py übernommen hat.

Heimatstädte

Der Neuanfang in Paris erleichtert den Wegzug aus Wien im kommenden Jahr. "Es ist ein sanfter Übergang. Aber ich gehe mit Wehmut", sagt der gebürtige Schweizer. "Ich bin ja von der Herkunft her ein richtiger k.u.k.-Mensch, daher habe ich immer eine Nähe zu Wien gefühlt. Ich habe gerne in der Fiktion eines Alt-Österreich gelebt. Das Deutsch meines Großvaters väterlicherseits war eher Wienerisch als Hochdeutsch, weil er aus Prag kam." Paris sei seine Heimatstadt, weil er als Kind dort lebte "und ich liebe das Metropolengefühl. "Aber Wien ist irgendwie auch eine Heimatstadt, eine Stadt, die immer nachklingt."

Ermutigungen

Im Pariser Odeon werde en suite gespielt, es gebe kein Ensemble und pro Jahr nur drei eigene Kreationen", schildert Bondy die Struktur des Hauses. Er selbst werde eine französische Fassung von "The Homecoming" ("Die Heimkehr") von Harold Pinter mit Bruno Ganz inszenieren. Die Handke-Uraufführung "Die schönen Tage von Aranjuez", die am 15. Mai bei den Festwochen zu sehen ist, soll ebenso gastieren wie Produktionen etwa von Martin Kuej. "Er kommt mit Karl Schönherrs ,Weibsteufel'. Ich möchte ihn aber gern ermutigen, bei uns in Paris zu arbeiten, denn ich mag sehr, was er macht." Umgekehrt hofft er auf positive Gespräche mit seinem Nachfolger Markus Hinterhäuser über künftige Koproduktionen zwischen dem Odeon und den Festwochen, zu denen er selbst 1997 als Schauspieldirektor kam und diese seit 2001 als Intendant leitet. Mit seiner Arbeit will Bondy auch weiterhin in Wien präsent sein und plant schon aus diesem Grund keine Abschiedsinszenierung.

Höhen und Tiefen

Doch zunächst stehen "Die schönen Tage von Aranjuez" von Peter Handke in einer Koproduktion mit dem Burgtheater auf dem Programm. "Es ist das erste Mal, dass ich ein Stück von Handke zur Uraufführung bringe", freut sich der Regisseur. Mit dem Autor sei er zwar seit 1967 "mit allen Höhen und Tiefen" befreundet, aber die Theaterverbindung zu dem in einem Pariser Vorort wohnenden Kärntner Dichter hätte ja stets Claus Peymann gehabt. "Handke hat mir allerdings einmal gesagt, dass er an mich gedacht hat, als er ,Aranjuez' geschrieben hat". Der Regisseur findet "sehr viel von Handkes Persönlichkeit, so wie ich ihn zu kennen glaube, in diesem Stück wieder".

Den "Sommerdialog" eines Mannes und einer Frau, in dem sich nicht nur das Verhältnis der Geschlechter, sondern auch die Geschichte des Menschengeschlechts spiegelt, spielen Jens Harzer und Dörte Lyssewski, Amina Handke, die 42-jährige Tochter des Autors, gestaltet das Bühnenbild. Luc Bondy hat sich entschlossen, Handkes Regie- und Szenenanweisungen weitgehend zu ignorieren. "Es wird sicher nicht so, wie sich Peter Handke das vorstellt. Aber er ist selber schuld. Er hat es mir ja gegeben", sagt er lächelnd.

Irrgarten

Im Stück wird viel geredet und wenig getan. Das soll nicht so bleiben: "Würde man das Stück einfach vom Blatt inszenieren, würde es einstürzen. Es ist dafür geschrieben, dass der theatrale Blick dazukommt. Mich interessiert das Stück, weil es mich zwingt, eine Form zu finden. Es ist ein Irrgarten, ein wilder Dschungel der Seele, der auch rau und ruppig bleiben soll. Es hat auch Abgründe. Ich möchte nicht, dass es friedlich zugeht."

Der Text zu Handkes Stück ist bereits als Buch im Suhrkamp Verlag veröffentlicht. Und auch von Luc Bondy, der bereits auf eine eindrucksvolle Veröffentlichungsliste als Autor verweisen kann, wird am 24. September bei Zsolnay unter dem Titel "Toronto" ein neues Buch erscheinen: "Es wird eine Art seltsamer Gedichtband, und im Frühling erscheint dann noch etwas. Ich schreibe immer. Aber nicht jetzt, während ich probiere. In dieser Zeit lebe ich eigentlich immer für die Probe."