"Dieses Haus ist nicht zu sanieren", sagt die neue ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner und meint damit weniger den Roland-Rainer-Bau am Küniglberg, als vielmehr das ORF-Programm. "Ich will nicht sanieren, sondern optimieren und gestalten", daher will sie auch keine "größte Programmreform", sondern vielmehr eine "Step-by-Step-Programmreform-Kette" auf Schiene bringen. Anlaufen soll diese "sukzessive ab Herbst", der Weiterentwicklungsprozess der Programme soll sich aber "über meine gesamte Amtsperiode" erstrecken, so Zechner bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

Aktuell steckt die umtriebige Fernsehdirektorin in der "Bestandsaufnahme" beziehungsweise im "Evaluierungsprozess". Es gelte, eine klare Positionierung für ORF eins und ORF 2 zu finden, und die Zielgruppen genau zu definieren. Zu diesem Zweck beobachtet man insbesondere auch die internationale private Konkurrenz, von der man heimisches Publikum zurückgewinnen will. Die österreichischen Privatsender sieht Zechner indes "nicht als Feinde, sondern als Komplementärfarben", die versuchen würden, den ORF abzukupfern, indem sie öffentlich-rechtliche Themen aufgreifen. Hier gelte das Motto: "Je stärker das österreichische Fernsehen, desto richtiger ist das für mich."

"Alle Zielgruppen abdecken"

Was die großen deutschen Privatsender angeht, will Zechner analysieren, welche Zielgruppen sie mit welchen Formaten ansprechen. Ziel sei es, mit dem ORF "alle Zielgruppen abzudecken" und vor allem längerfristig auch das junge Publikum an den ORF zu binden. ORF eins soll in einem ersten Schritt quotenmäßig stabilisiert und im zweiten Schritt mit Eigenproduktionen angereichert werden, so dass "wir hier einen eleganten Prozentsatz Marktanteil zulegen können".

Grundsätzlich gilt es, ORF eins als "jungen, urbanen, modernen, österreichischen Sender" auszubauen und ORF 2 als "zutiefst österreichischen, heimatverbundenen Sender mit Schwerpunkt im Infobereich und Fenster zur Welt" weiterzuentwickeln, so Zechner. Angehen möchte sie zunächst Vor-, Haupt- und Spätabend, als "große Herausforderungen" bezeichnete sie die Tage Dienstag und Donnerstag. Frühstücksfernsehen würde Zechner "gerne machen, kann es mir aber nicht leisten". Optimierungen soll es hingegen beim Kinderprogramm geben, Ressourcen sollen gebündelt und neue Ideen in den Bereichen Minidokumentationen, Quizsendungen und fiktionales Programm verfolgt werden.

Zechner will grundsätzlich mehr ausprobieren und wünscht sich mehr Mut beim Programmmachen. Den beweist Zechner beim Thema Daily Soap, das für den ORF seit dem "Mitten im Achten"-Flop ein rotes Tuch ist. "Da sind zwei, drei Produzenten sehr interessiert und schon heftig am Arbeiten. Wir schauen dann, ob der Stoff tauglich ist und ob wir uns die Soap leisten können." Wieder auf die Bildfläche zurückkehren könnten Reality-Formate. Bei Diskussionssendungen wünscht sich die Fernsehdirektorin "bessere Gästerecherche", wobei sie einwirft, dass das auch eine Ressourcenfrage sei.

Die Zusammenlegung von Information und Unterhaltung, die seit Jänner unter Zechner praktiziert wird, hält sie "für absolut richtig". So werde die tägliche Arbeit mittel- und langfristig enorm erleichtert, meinte sie. Spekulationen, Generaldirektor Alexander Wrabetz könnte sich stärker in den Informationsbereich einmischen, weist Zechner von sich. "Ich habe mich für den gesamten Bereich Information und Unterhaltung beworben und ich bin auch für alles zuständig."