Was in Hollywood der „Walk of Fame“ ist oder bei den ganz großen Sportteams dieser Welt die „Wall of Fame“ ist hier in Graz-Andritz eine große Tafel mit vielen blauen Punkten. Jeder dieser Punkte steht für einen steilen Karriereweg. „Bei uns ist Karriere mit Lehre keine leere Floskel“, betont Bernhard Pesenhofer, Lehrlingsverantwortlicher beim Technologiekonzern Andritz AG. Deshalb hängt die Tafel auch gut sichtbar in der Lehrwerkstatt des Unternehmens, gewissermaßen als Motivationsspritze für den Nachwuchs.

Jeder, der es von hier, von den Werkbänken der Ausbildungsräume, in die Führungsetagen der Fertigung im Weltkonzern geschafft hat, ist verewigt. „Das zeigt, wie weit man es mit einer Lehre als Basis schaffen kann“, sagt Pesenhofer. Zwei Drittel dieser Führungskräfte – bis hin zum Werksdirektor – kommen aus dem eigenen Nachwuchs, haben also einst in dieser Lehrwerkstätte die Grundlage für ihre Karriere geschaffen. Keine Einzelfälle.

Wenn es um Karriere mit Lehre geht, fällt beim Hightech-Konzern AT&S etwa sofort der Name Heinz Moitzi. Der heutige Technikvorstand des Börsenunternehmens hat einst eine Elektroinstallationslehre absolviert.

Ehrgeizige Pläne verfolgen auch Kay Lanzmaier, Armin Kleinbichler und Thomas Stoißer, die in der Andritz-Lehrwerkstatt aus erster Hand erzählen, was aus ihrer Sicht den Reiz dieser Ausbildungsform ausmacht. Lanzmaier lernt bei AT&S Mechatronik, auf die Leiterplatten seiner Firma setzen weltweit u.a. so gut wie alle führenden Smartphone-Hersteller. Kleinbichler macht bei Sappi in Gratkorn – Heimat einer der größten und beeindruckendsten Papiermaschinen des Kontinents – eine Lehre als Papiertechniker. Und Stoißer hat nach seiner HAK-Matura entschieden, sich bei der Andritz AG zum Stahlbautechniker ausbilden zu lassen.

Thomas Stoißer und Bernhard Pesenhofer
Thomas Stoißer und Bernhard Pesenhofer © Sabine Hoffmann

Eine Industrie-Lehre nach der HAK-Matura, wie kam es eigentlich zu dieser Entscheidung?
THOMAS STOISSER: Ich wollte eigentlich immer schon eine Lehre machen. Ich hab’ nach der Hauptschule aber noch ein Schuljahr benötigt, daher bin ich dann in die Handelsschule gegangen, weil ich mir gedacht habe, dass eine kaufmännische Ausbildung gut zu einer Lehre passt, wenn man sich einmal selbstständig machen möchte. In der Schule ist es gut gelaufen, daher habe ich die Handelsschule fertiggemacht und dann auch noch die HAK-Matura. Und jetzt schließe ich die Lehre eben an.

Vom Stahlbautechniker zum Mechatroniker in der Runde. Was ist das Reizvolle an diesem Beruf?
KAY LANZMAIER: Ich wollte immer etwas im Bereich Elektrik oder Elektronik machen. Mechatronik ist eine ideale Verbindung aus Mechanik und Elektrik, von allem etwas. Das passt einfach perfekt für mich. Ich habe in der Hauptschule schon zweimal in Betrieben geschnuppert. Das hat mir einfach getaugt, nach dem Poly habe ich mich dann gleich beworben.

Vom Schnuppertag zur Lehre – ging’s dem angehenden Papiertechniker ähnlich?
ARMIN KLEINBICHLER: Ja, ich habe auch schon in der Hauptschule Schnuppertage in der Firma absolviert, im Poly ebenfalls. Da habe ich schon gemerkt, dass das etwas für mich ist.

Ein Gefühl, das noch anhält?
KLEINBICHLER: Ja. Nach dem Lehrabschluss möchte ich einmal zwei, drei Jahre im Schichtbetrieb an der Maschine arbeiten, dann sind die Abendschule und die Matura ein Thema. Dabei werden wir vom Unternehmen auch unterstützt. Es würde mich auch interessieren einmal eine gewisse Zeit in einem anderen Werk im Ausland zu arbeiten.

Armin Kleinbichler und Kay Lanzmaier
Armin Kleinbichler und Kay Lanzmaier © Sabine Hoffmann

Ein gutes Stichwort. Sappi, AT&S und Andritz sind Leitbetriebe, die weltweit tätig sind. Welche Chancen ergeben sich dadurch?
LANZMAIER: In unserer Firma gibt es für Mitarbeiter beispielsweise die Möglichkeit für ein Jahr nach China, Indien oder Korea zu gehen.
STOISSER: Für mich wäre es reizvoll, nach der Lehre irgendwann auch auf Montage im Ausland zu arbeiten, ich bin gerne unterwegs.

Was fasziniert euch eigentlich an eurer Tätigkeit und eurer Firma?
KLEINBICHLER: Als Papiertechniker hat man auch viel mit Computern zu tun, arbeitet an einer Maschine mit tonnenschweren Einzelteilen, die schon einmal fünf oder zehn Millionen Euro kosten können. Da ist die Verantwortung, die man als Facharbeiter hat, sehr groß.
LANZMAIER: Unsere Leiterplatten sind unter anderem in Tablet-Computern, in Smartphones, aber zum Beispiel auch in Autos drinnen. Das ist als Mitarbeiter schon ein super Gefühl. Da ist es auch im Freundeskreis einfach zu erklären, was man eigentlich macht.

Welche Vorteile bietet aus eurer Sicht eine Industrie-Lehre, welche Weiterbildungsmöglichkeiten stehen euch offen?
LANZMAIER: Wir werden von unserer Firma unterstützt, wenn wir nach der Lehrabschlussprüfung noch die HTL-Matura machen wollen. Da gibt’s zum Teil auch freie Tage zum Lernen. Es gibt eben auch die Möglichkeit ins Ausland zu gehen, um etwas anderes und neues kennenzulernen. In der Regel hat man nach der Lehre einen fixen Arbeitsplatz. Es werden viele Chancen für Weiterbildung geboten, bis hin zum Master. Die Firma bietet uns noch eine zusätzliche Ausbildung im BFI. Im Lehrjahr sind wir rund acht Wochen dort, die Hälfte Praxis, die Hälfte Theorie. Wir können auch die Lehre mit Matura absolvieren.
KLEINBICHLER: Vorteile sind zum Beispiel, dass der Verdienst schon während der Lehre gut ist und es geregelte Arbeitszeiten gibt.
STOISSER: Das große Plus in einem Industriebetrieb ist sicher, dass irrsinnig viel Aufwand betrieben wird, um sicherzustellen, dass Lehrlinge eine wirklich gute Ausbildung bekommen. Die Verbindung von Theorie und Praxis ist toll. Wir arbeiten an teuren Maschinen, haben eine riesige Auswahl an Werkzeugen. Man wird als Lehrling sicher nicht als billige Arbeitskraft gesehen, das ist nicht der Fall.
KLEINICHLER: Es ist auch abwechslungsreich. Wir fahren einmal in jedem Lehrjahr auf Lehrlingswoche. Zum Beispiel nach Italien, Salzburg oder Skifahren. Einmal pro Woche haben wir während der Arbeitszeit zwei Stunden Sport mit eigenem Trainer. Wir haben dann auch interne Sportturniere im Betrieb.

Wir bitten um einen Tipp aus erster Hand: Wie sollte man sich als junger Mensch auf einen Lehrlingsaufnahmetest vorbereiten?
STOISSER: Man sollte sich jedenfalls einmal über die Firma informieren und wissen, was den Beruf, den man lernen will, eigentlich ausmacht.
LANZMAIER: Ja, man sollte definitiv wissen, was die Firma herstellt und wofür sie steht.
KLEINBICHLER: Wenn man auch selbst als Bewerber beim Aufnahmegespräch Fragen stellt, zeigt man, dass man sich für die Firma und den Beruf interessiert. Das hilft sicher.