Eigentlich hätte es nur ein Artikel über Patenschaften für Tierheim-Hunde werden sollen. Doch das Schicksal geht bekanntermaßen seine ganz eigenen Wege; wenn es sein muss, auch auf vier Pfoten. Je intensiver ich für diese Reportage recherchierte, desto stärker wurde mein Wunsch, selbst die Patenschaft für einen Tierheim-Hund zu übernehmen. Vielleicht ergeht es Ihnen ja so wie mir, und der nächste Weg nach der Lektüre dieses Artikels führt Sie ins Landestierschutzhaus. Aber dazu später mehr.

Es kann nicht oft und eindringlich genug appelliert werden: Tiere sind keine Geschenke. Immer wieder landen Hunde, Kaninchen & Co. unüberlegt unter dem Christbaum, auf dem Geburtstagsgabentisch - und viel zu oft nach kurzer Zeit im Tierheim. Man hat es sich doch leichter vorgestellt... Also zuerst denken, dann schenken bzw. sich ein Tier ins Haus holen. "Wer immer schon einen Hund wollte, aber dem Vierbeiner nicht genügend Zeit und Platz bieten kann, sollte Hunde-Pate werden", rät Marina Zuzzi-Krebitz, Präsidentin des Tierschutzvereines und Leiterin des Landestierschutzhauses Klagenfurt, beim Interview-Termin im Tierheim. "Wir bieten nicht nur für Hunde Patenschaften an, sondern auch für Katzen oder Kleintiere". So eine Patenschaft, beispielsweise für einen Hund, ist die ideale Möglichkeit, sich selbst oder die Familie an die Verantwortung, die einen als Hundebesitzer erwartet, "heranzutasten".

Pate für die kalte Schnauze

Wie schaut so eine Hunde-Patenschaft nun in der Praxis aus? Zuerst wird mit einem Pfleger der geeignete Hund ausgewählt. Soll es ein ruhiger sein, ein älterer oder doch ein temperamentvoller? Wichtig ist aber auch, dass der Vierbeiner den potenziellen Paten "gut riechen" kann. Stimmt die gegenseitige Sympathie, zahlt man für seinen Paten-Hund 15 Euro pro Monat. Damit werden Tierarzt und Futterkosten gedeckt. Man kann so oft mit dem Hund spazieren gehen wie man Zeit und Lust hat. Je häufiger desto besser versteht sich. "Man kann in der ruhigen, ländlichen Umgebung ausgedehnte Spaziergänge unternehmen, aber es ist auch möglich, den Paten-Hund übers Wochenende mit nach Hause zu nehmen", erklärt Zuzzi-Krebitz. Kritiker könnten nun meinen, die Tiere würden erst recht leiden, wenn sie Sonntagabend oder Montag früh wieder im Tierheim abgegeben werden. "Aber es gab noch nie Probleme. Die Tiere wissen, dass ihre Paten wiederkommen", so Zuzzi-Krebitz.

Wie entstand überhaupt die Idee, Tier-Patenschaften anzubieten? Angefangen hat alles vor rund 20 Jahren. Zuzzi-Krebitz' Vater Siegfried Krebitz, einer der bekanntesten Tierärzte Kärntens und bis zu seinem Tod 1999 Präsident des Landestierschutzvereines, hatte aus einem Einzelfall heraus die Idee geboren. "Ein Opa ist damals auf ihn zugekommen. Seine Enkelin hätte so gerne einen Hund gehabt, die Eltern haben es ihr aber nicht erlaubt. Ob man da nicht irgendetwas machen könnte", erzählt Zuzzi-Krebitz. Und da entstand die Idee der Tier-Patenschaft. Über Mundpropaganda wurde diese Alternative publik und immer mehr Menschen wollten auf diese Weise zu "Hunde-Besitzern" werden. "Ich glaube, das Landestierschutzhaus Klagenfurt war überhaupt das erste Tierheim in Österreich, das solche Patenschaften angeboten hat", so Zuzzi-Krebitz.

Ein hartnäckiges Vorurteil räumt die passionierte Tierärztin auch gleich aus dem Weg: "Tierheim-Hunde sind nicht verhaltensgestört! Und die Paten tragen sehr viel dazu bei. Die Hunde gewöhnen sich wieder an den Kontakt mit Menschen, werden untereinander sozial verträglicher und viele blühen wieder so richtig auf", freut sich Zuzzi-Krebitz. "Die Hunde warten immer schon darauf, dass sie von ihren Paten zum Spazierengehen abgeholt werden". Aber nicht nur den Hunden wird mit den Patenschaften etwas Gutes getan, auch die Menschen profitieren davon - nicht allein wegen der frischen Luft und der Bewegung. "Es gibt viele schöne Geschichten. Ich denke zum Beispiel an einen schwer kranken Mann, der mit seinem Paten-Hund zu neuer Lebensenergie gefunden hat", erinnert sich Zuzzi-Krebitz. Paten-Hunde werden außerdem auch von Vereinen, die sich um Jugendliche mit Problemen kümmern, erfolgreich eingesetzt. "Hunde als Therapie. Das hat schon mein Vater immer gesagt und wurde anfangs dafür noch belächelt".

Wenn man seinen Paten-Hund gefunden hat und dieser übrigens plötzlich vermittelt werden soll, hat man als Pate ein "Vetorecht". Ist man mit dem zukünftigen Besitzer nicht einverstanden, wird der Paten-Hund auch nicht abgegeben. Und es besteht natürlich immer die Möglichkeit, nach einer langen Zeit der Prüfung als Hunde-Pate den Vierbeiner schlussendlich selbst aufzunehmen. Ein richtiges Happy End für alle Beteiligten ist also nicht ausgeschlossen.

Einen Wunsch in Hinsicht auf das neue Landestierschutzkompetenzzentrum, das Ende 2011 fertig gestellt wird, hat Zuzzi-Krebitz abschließend noch: "Die Verkehrsanbindung beziehungsweise Verkehrs-Nichtanbindung mit Bussen ist ein noch ungelöstes Problem. Hier sind Lösungen gefordert, damit auch Menschen ohne Auto zum Tierheim gelangen." Damit auch wirklich jeder den Weg ins Tierheim - und zu einem möglichen Paten-Tier - findet.

Glück auf vier Pfoten

Nach dem Interview-Termin mit Marina Zuzzi-Krebitz steht mein Entschluss jedenfalls fest: Ich werde Hunde-Patin. Tags darauf bekomme ich von einer Pflegerin eine Führung durch die Hunde-Abteilung. Die meisten Vierbeiner springen bellend gegen das Gitter, andere liegen auf ihren Decken und schauen mich verunsichert an. Und dann sehe ich ihn: einen schwarzen Setter-Mix mit weißem Brustfleck, der freundlich schwanzwedelnd auf mich zugelaufen kommt. "Lucky" heißt der temperamentvolle, aufgeweckte Kerl (wenn das kein Zeichen ist) und er ist tatsächlich einer jener Hunde, die noch keinen Paten haben. Ich will ihn und keinen anderen.

Eigentlich hätte es nur ein Artikel über Patenschaften für Tierheim-Hunde werden sollen. Am Ende hat einer der vielen Vierbeiner ein Stückchen "Hunde-Alltag" zurückbekommen. Jetzt ist "Lucky" im wahrsten Sinne des Wortes "lucky". Und nicht nur er. Erwartungsvoll schaut er mich mit seinen warmen braunen Augen an: Endlich geht's nach langer Zeit wieder hinaus ins Freie und "Lucky" kann an der langen Leine über die Wiese jagen. Schon zieht er mich in Richtung Türe...