Mit vier Schuldsprüchen hat der Prozess gegen die vier angeklagten Tschetschenen geendet. Ein 20-Jähriger und sein 24-jähriger Bruder, welche die Schläge teilweise zugaben, aber auf Notwehr plädierten, erhielten zehn Monate unbedingte Haft wegen schwerer Körperverletzung. Der dritte Angeklagte wurde von der schweren Körperverletzung und der Nötigung freigesprochen, jedoch wegen Raufhandels zu einer unbedingten Geldstrafe von 480 Euro verurteilt. Der 24-Jährige wurde sogleich enthaftet. Ein Opfer erhielt einen Privatbeteiligten-Zuspruch in der Höhe von 3520 Euro. 

Angeklagter drohte Kameramann im Gerichtssaal

In Haft genommen wurde dagegen der vierte Angeklagte. Er wurde nicht nur zu acht Monaten Haft wegen schwerer Körperverletzung verurteilt, da er ein Opfer bewusstlos schlug. Der 19-Jährige, der sich bis dahin auf freiem Fuß befand, wurde am Ende des Prozesses wegen gefährlicher Drohung festgenommen, weil er einem ORF-Kameramann gedroht haben soll.

In einer Verhandlungspause soll er sinngemäß "wenn du mich filmst, dann finde ich dich" gesagt haben, so sein Anwalt Thomas Preclik. Auf Auftrag der Staatsanwaltschaft führte die Polizei die Festnahme noch im Gericht durch. Der 19-Jährige leistete keinen Widerstand. 

"Sittenwächter" und Prügelattacke

Die vier jungen Männer standen vor dem Wiener Landesgericht, weil sie sich Ende Februar in der Wiener Millennium City zuerst als "Sittenwächter" aufgespielt und anschließen zwei Männer brutal verprügelt haben, als diese einschreiten wollten.

Zwei Tschetscheninnen im Teenager-Alter waren mit einer Schulfreundin und deren Mutter in einem Cafe in der Millennium City. Gegen Mitternacht tauchten die vier jungen Männer auf und forderten laut Staatsanwaltschaft ihre Landsfrauen auf, nach Hause zu gehen. "Bei uns in Tschetschenien ist das nicht erlaubt, um diese Uhrzeit draußen zu sein", sagte der 24-Jährige. "Es gehört sich nicht."

Die jungen Männer kannten die Mädchen flüchtig über Facebook. Einer von ihnen soll von der Mutter eines der Mädchen beauftragt worden sein, auf die 16-Jährige aufzupassen.

Zwei Männer wollten helfen - verprügelt

Als die jungen Männer nicht nachgaben, und meinten "Wir begleiten euch nach Hause", rief die anwesende Mutter ihren Mann per Telefon zu Hilfe. Als dieser kam und die Vier zur Rede stellen wollte, kam es zu einer Rangelei. Der 41-Jährige wurde laut Anklage sofort mit Fäusten und Tritten attackiert. Ein Bekannter der Mutter kam dem Familienvater zu Hilfe und wurde mit einem Faustschlag durch den Jüngsten der Gruppe bewusstlos geschlagen.

Er habe noch versucht, einen der Angreifer von dem 41-Jährigen wegzuziehen, "ab dann weiß ich nichts mehr", sagte der 44 Jahre alte Mann. Erst nach einer Weile kam er am Boden des Cafés wieder zu sich. Der 44-Jährige erlitt einen Augenhöhlenbodenbruch, ein Titannetz musste ihm implantiert werden. Teilweise ist sein Sichtfeld immer noch von doppelten Bildern geprägt. "Die Ärzte können nicht sagen, ob das bleibt."

Zudem musste ihm der Schleimbeutel aus seinem linken Ellbogen entfernt werden, da er durch Schläge eine Rissquetschwunde erlitten hatte. Die Täter hatten auf die Opfer eingetreten, als sie bereits am Boden lagen, führte die Staatsanwaltschaft aus.

Weitere Zeugenaussagen erwartet

Das stellten die Burschen vor Gericht in Abrede, sie hätten "ein, vielleicht zwei Mal zugeschlagen". Von mehreren Tritten wollten sie nichts wissen. Weitere Zeugenbefragungen, die am Nachmittag fortgesetzt wurden, sollten dazu mehr Aufschluss geben.

Über Facebook vernetzt

Die drei Älteren waren nach einer Fahndung Ende März festgenommen worden und befanden sich seither in U-Haft. Der 19-Jährige war auf freiem Fuß. Die jungen Männer sollen einer Gruppe angehören, die sich "Die Wölfe" nennt - ein beliebtes Wappentier in Tschetschenien. Die Verbindung sei sehr gewaltbereit und "waffenaffin", die Mitglieder verfügen über Kampfsportausbildungen, hieß es.

Die Gruppe ist auf Facebook vernetzt, wo die jungen Männer mit dem Codenamen "Wolf" statt dem eigentlichen Familiennamen auftreten. In dem sozialen Netzwerk posierten die Mitglieder mit Schusswaffen auf Fotos, dazu posteten sie Sprüche wie: "Es gibt 1000 Gründe, warum ich dich töten muss, doch der plausibelste Grund von allen ist, wie blöd du guckst" oder: "Bei uns ist Schweigen Gold, denn Blei kann folgen".

Der Jüngste verlautbarte im sozialen Netzwerk nach der Berichterstattung über die Prügelattacke: "Wir sind keine Jugendbande. Wir sind Familie, die Mafia." Von Richterin Frank auf die Facebook-Einträge angesprochen, meinte der 19-Jährige: "Ich versteh jetzt nicht, was das mit dem Prozess zu tun hat."