Demnach wurde der ehemalige Betriebsratsvorsitzende eines großen, traditionsreichen Unternehmens im südlichen Niederösterreich nicht verurteilt. Er muss 240 Stunden gemeinnützige Leistungen verrichten und muss zudem 1000 Euro Schadenswiedergutmachung leisten ((sogenannte Diversion). Die Entscheidung des Landesgerichts Wiener Neustadt ist noch nicht rechtskräftig.

Der Staatsanwalt ließ eine "grundsätzliche" Zustimmung durchblicken, wollte sich aber noch nicht endgültig festlegen. Zeigt sich die Anklagebehörde einverstanden und werden die Auflagen des Gerichts erfüllt, wird das Untreue-Verfahren nach sechs Monaten endgültig eingestellt, andernfalls wird der Prozess fortgesetzt.

Diversion dank Strafrechtsreform möglich

Möglich gemacht hat diesen Richterbeschluss eine seit Anfang des Jahres geltende Strafrechtsreform. Statt einem Strafrahmen von ein bis zehn Jahren Haft drohen demnach bei Untreue nur mehr bis zu drei Jahre Gefängnis. Zudem ist eine Diversion bei diesem Delikt vorgesehen. Das heißt im konkreten Fall: Sollte der ehemalige Betriebsratschef binnen sechs Monaten die auferlegten Sozialleistungen erbringen und die Pönale zahlen, ist die Sache erledigt und er erhält keine Vorstrafen. Auch die drei Mitangeklagten kamen in diesen "Genuss" der Strafrechtsreform.

Von Februar bis April 2013 soll der frühere Betriebsratsvorsitzende laut Anklage 186.400 Euro eigenmächtig aus der Betriebsratskasse genommen und in eine sogenannte Einkaufsgemeinschaft investiert haben. Die funktioniert so, dass man Mitgliedern Rabatte und Vergünstigungen bei diversen Einkäufen gewährt. So wird gemunkelt, dass der 51-jährige Ex-Betriebsratschef etwa Dutzende von Tickets für ein Grand-Prix-Rennen günstig erworben und an Leute verschenkt haben soll. Der Angeklagte bekannte sich am Montag "umfassend geständig".

Mitangeklagt waren auch eine ehemaligen Kollegin des Betriebsrats, ein Regionalmanager und ein Mitglied der Einkaufsgemeinschaft. Denn alleine wäre es dem Betriebsratschef gar nicht möglich gewesen, die Sache durchzuziehen. Dazu mussten unter anderem Buchungsaufträge von anderen - ahnungslosen - Bekannten und Kollegen fingiert und falsche Email-Accounts eingerichtet werden.

Mitangeklagte Kollegin brachte Fall ins Rollen

Die mitangeklagte Kollegin des Ex-Betriebsrats hat den Fall letztlich durch eine Anzeige ins Rollen gebracht. "Und die Arbeiterkammer hat dann fast ein Jahr lang versucht, das Ganze zu vertuschen", mokierte sich der Verteidiger der Frau jetzt vor Gericht. Die Arbeiterin muss 130 Stunden gemeinnützige Leistungen und 120 Euro binnen sechs Monaten leisten bzw. zahlen, dann bleibt auch sie unbescholten. Ähnliche Beschlüsse fassten auch die zwei weiteren Mitangeklagten aus. Alle nahmen diese Entscheidungen an.

Zudem wurde vor der Strafrichterin auch ein Vergleich zwischen den Angeklagten und dem Arbeiterbetriebsratsfonds ausgehandelt, der für den ehemaligen Betriebsratschef folgendermaßen lautet: Sollte sich in Zukunft an seinen Vermögensverhältnissen etwas ändern, muss der jetzige Notstandsbezieher das noch offene Loch im Fonds bezahlen. Das sind derzeit 32.000 Euro. Den Rest der von ihm illegal entnommenen fast 200.000 Euro wurde bereits durch die Einbehaltung seiner Abfertigung bzw. auch durch Rückzahlung seitens der Einkaufsgemeinschaft ausgeglichen.

"Die Angeklagten sind alle gut davongekommen", ätzte der Vertreter des Betriebsratsfonds nach dem Verfahren zu Journalisten.