Jene 17-jährige Schwedin, die am Donnerstag in Wien zu einer teilbedingten Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden ist, kehrt vorerst nicht zu ihrer Familie zurück. Laut dem Vater der jungen Frau wird sie einige Zeit in einem schwedischen Behandlungsheim zubringen. Das Mädchen sei von der Propaganda des Islamischen Staates (IS) auf eine Art beeinflusst worden, die einer Gehirnwäsche gleiche.

Der Vater, der zu dem Prozess im Wiener Straflandesgericht extra angereist war, zeigte sich nach dem Urteil gegenüber der schwedischen Nachrichtenagentur TT erleichtert, dass seine Tochter nach Ende der Verhandlung nach Schweden ausreisen konnte. Die 17-Jährige war vom Schöffensenat für Jugendliche der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung für schuldig befunden und am Donnerstag zu einer teilbedingten Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt worden.

Weil sie seit Dezember vergangenen Jahres in Untersuchungshaft saß, ist der unbedingte Teil der Strafe bereits abgebüßt. Die Sozialbehörden in ihrer Heimatstadt Linköping haben angekündigt, längerfristige Unterstützungsmaßnahmen für die junge Frau und ihre Familie zu prüfen.

Derzeit ist die bloße Zugehörigkeit zu einer Terrororganisation in Schweden nicht strafbar. Die neue, strengere Anti-Terrorgesetzgebung tritt erst am 1. April in Kraft. Darin ist ein ähnlicher Tatbestand vorgesehen wie jener, nach dem die Schwedin in Österreich verurteilt wurde

In Wien festgenommen

Das Mädchen mit somalischen Wurzeln war Anfang Dezember in Wien festgenommen worden. Wie der Staatsanwalt ausführte, war die Schülerin aus ihrem Elternhaus in Linköping - einer 140.000 Einwohner zählenden Industrie- und Universitätsstadt in der Provinz Östergötland - verschwunden und über Kopenhagen und Berlin in die Bundeshauptstadt gelangt. Ihrer Familie gelang es, die Vermisste mittels Handypeilung in Wien zu orten, worauf sie sich an die österreichischen Behörden wandten. Die Angehörigen äußerten dabei die Befürchtung, ihre Tochter, die sich zuletzt radikalisiert hätte, könne am Weg nach Syrien sein bzw. einen Anschlag planen.

Die 17-Jährige wurde schließlich am Westbahnhof aufgegriffen, wobei sie den einschreitenden Polizeibeamten beschied, sie habe "keine Bombe" bei sich. In weiterer Folge wurde ein Strafverfahren wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung eingeleitet, denn bei der Untersuchung ihres Handys fand sich IS-Propaganda-Material, darunter Videos von Gräueltaten. Zahlreiche Chat-Protokolle deuteten zudem auf eine radikalislamistische Gesinnung der 17-Jährigen ("Aber wenn sie sich nicht bekehren lassen, darfst du sie töten") und ihre Absicht hin, ins syrische Kriegsgebiet zu gelangen. Von Heiratsplänen mit einem IS-Kämpfer war etwa die Rede. Die Jugendliche begrüßte auch die Terror-Anschläge in Paris ("Man zahlt Frankreich seine Aktionen in Syrien zurück") und forderte Chat-Partner dazu auf, in den Jihad zu ziehen.

"Noch ganz bei Trost"

Seine Mandantin habe "diesen Leuten irgendwelche kruden Gedanken zugeworfen", hielt Verteidiger Blaschitz der Anklage entgegen: "Die haben sich gefragt, ob sie irgendwo dagegen gelaufen ist oder noch ganz bei Trost ist". Die 17-Jährige habe zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu IS-Mitgliedern gehabt und sich allenfalls mit Sympathisanten der Terror-Miliz unterhalten. "Das ist nicht strafbar", verwies Blaschitz auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und die ebenfalls verfassungsrechtlich verankerte Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Die 17-Jährige habe "in jugendlichem Übermut" gehandelt: "Die Jugend hat das Privileg des Blödseins und des Dahergeplappers."

"Ich wollte andere Mädchen treffen", meinte die zierliche Angeklagte in ihrer Beschuldigtenvernehmung. Zu ihren angeblich drei weiblichen Twitter-Bekanntschaften konnte sie allerdings keine näheren Angaben machen. Auf den richterlichen Hinweis, dass sie grundsätzlich keine Fragen beantworten müsse, zog sie sich auf ihr Schweigerecht zurück, nachdem sie noch erklärt hatte, sie habe - in Wien angekommen - gleich wieder "nach Hause fahren wollen".

"Ideologische Verwurzelung im IS"

Für den Schöffensenat stand am Ende außer Frage, dass bei der 17-Jährigen "eine ideologische Verwurzelung im IS" gegeben war, wie Richter Hautz in der Urteilsbegründung darlegte. Die junge Schwedin habe zwar keinen Kontakt zu IS-Mitgliedern, aber den Plan gehabt, nach Syrien zu gelangen, um den IS psychisch zu unterstützen, etwa durch Stärkung der Gruppenmoral oder Heirat. Das reiche für einen Schuldspruch im Sinne der Anklage.

Der Verhandlung wohnten zahlreiche schwedische Medienvertreter und auch die Eltern des Mädchens bei. Der Fall sorgte in Schweden für beträchtliches Aufsehen, zumal das, was der 17-Jährigen angekreidet wurde, in ihrer Heimat nach derzeitiger Rechtslage gar nicht strafbar wäre. Deshalb hatte Schweden auch kein Auslieferungsersuchen erstellt, was erst die Zuständigkeit der Wiener Justiz begründete.