Wem auf einer Zugreise sein Gepäck gestohlen wird, das er auf Anordnung des Zugbegleiters in ein vom eigenen Sitz nicht einsehbares offenes Gepäckregal deponieren musste, der hat keinen Haftungsanspruch gegenüber der Bahn. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat nun entschieden, eine derartige Anweisung des Schaffners könne nicht als Übernahme von Verwahrungspflichten gedeutet werden.

Reisetasche im Gepäckregal deponiert

Der Anlassfall ereignete sich bei einer Bahnreise mit dem ÖBB-Railjet von Budapest nach Salzburg im Mai 2013. Die Klägerin hatte eine große Reisetasche mit, die für die Ablage über ihrem Sitz zu groß war. Auf Anweisung des Schaffners deponierte sie die Tasche auf ein Gepäckregal im Waggon, das von ihrem Sitzplatz aber nicht eingesehen werden konnte.

Nachdem das Gepäckstück während der Zugfahrt abhandengekommen war, verlangte sie Schadenersatz in Höhe von 7.600 Euro von den ÖBB. Ihre Begründung war, das Bahnunternehmen habe durch die Weisung des Schaffners Verwahrungspflichten übernommen. Außerdem handle es sich beim Aufbewahrungsort um ein "Gepäckabteil", für das die Bahn verantwortlich sei.

Der OGH wies in seiner Entscheidung (1Ob231/15z) darauf hin, dass ein Reisender zwar leicht tragbare Gegenstände als Handgepäck unentgeltlich in einem Waggon mitnehmen darf, dieses aber an den vorgesehenen Stellen zu deponieren habe. Der Schaffner habe die Frau lediglich an diese Verpflichtung erinnert, sodass dessen Anweisung nicht als Übernahme von Verwahrungspflichten gedeutet werden kann.

Reisende trägt selbst die Verantwortung

Bei dem im Waggon vorhandenen offenen Gepäckregal handle es sich auch nicht um ein eigenes "Gepäckabteil". Der Bereich war nicht durch eine Tür von den übrigen Teilen des Waggons getrennt. Die Klägerin durfte auch nicht annehmen, das Zugpersonal würde das dort deponierte Reisegepäck beaufsichtigen. Für solcherart abgestellte Gepäckstücke trage der Reisende selbst die Verantwortung, so das Gericht.