Die Gesamtzahl der durch Lawinen tödlich verunglückten Personen ist seit Jahrzehnten stabil. Dies sagte der Lawinenreferent des Österreichischen Bergrettungsdienstes (ÖBRD), Klaus Wagenbichler, im APA-Gespräch. Dabei würden im freien Skiraum heutzutage rund sechsmal so viele Wintersportler unterwegs sein als noch vor rund 20 Jahren.

Große "Dunkelziffer"

Die Anzahl der Lawinenunfälle habe hingegen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Diese Diskrepanz sei nicht zuletzt auf die Aufklärungsarbeit der Alpinen Vereine, genaue Informationen über moderne Sicherheitsausrüstungen und den Einsatz derselben sowie die Qualität der Bergungen zurückzuführen. Hinsichtlich der Lawinenunfälle gab Wagenbichler weiters zu bedenken, dass es eine große "Dunkelziffer" gebe. Dabei handle es sich um jene Fälle, in denen keine Rettungskräfte zum Einsatz kommen und die Wintersportler diese Vorfälle daher in der Mehrzahl auch nicht melden würden.

Unsachgemäße Handhabung

Am Vorhandensein der entsprechenden Schutzausrüstung liege es in gefährlichen Lawinensituationen vielfach nicht, meinte Wagenbichler. Vielmehr komme es immer wieder vor, dass die entsprechenden Geräte nicht richtig bedient werden. "Es ist schockierend, wie viele Leute in Stresssituationen mit der Ausrüstung nicht richtig umgehen können", erklärte der Salzburger ÖBRD-Experte. Mitunter würde überdies ein "Lawinen-Airbag" zwar mitgeführt, sei aber nicht eingeschaltet. Hinzu komme, dass das Hauptaugenmerk in den Lawinenlageberichten oft nur auf die Gefahrenstufen gelegt werde. "Entscheidend ist aber der Text darunter", betonte Wagenbichler. Dieser gebe schließlich Auskunft über die spezifischen Gefahren, die in einem größeren Gebiet auch immer wieder unterschiedliche seien.

Lawinenopfer in Österreich
Lawinenopfer in Österreich © (c) APA

Auch das Vertrauen in die technische Ausrüstung sei des öfteren zu groß. "Manche glauben, mit dem Kaufpreis Sicherheit kaufen zu können. Sie denken, jetzt habe man so viel dafür bezahlt, jetzt werde man wohl dort runter fahren können", kritisierte Wagenbichler.

Generell verzeichnen die Bergretter eine beträchtliche Zunahme an Freeridern oder Snowboardern, die im freien Skiraum unter eine Lawine kommen. "Sie halten sich mit den reinen Bergsteigern bzw. Skitourengehern mittlerweile fast schon die Waage", erklärte der Referent für Lawinen.

Das Wort redete Wagenbichler indes auch einer Änderung der Lawinenwarnstufen. Er plädierte für lediglich vier statt fünf Stufen auf der Gefahrenskala. So solle die Stufe "3", die derzeit erhebliche Lawinengefahr bedeute, künftig eine "große Lawinengefahr" veranschaulichen. Der Experte zeigte sich optimistisch, dass es "in einigen Jahren" dahin gehend zu einer Änderung auf internationaler Ebene kommen werde.

Insgesamt 12.000 ehrenamtliche Bergretter gibt es in Österreich, allein 5.000 davon in Tirol. In der Wintersaison 2014/15 kamen die Bergretter auf 92 Lawineneinsätze. Dabei wurden 112 Personen geborgen. In der Saison zuvor waren es witterungsbedingt lediglich 45 Einsätze in Zusammenhang mit Lawinenereignissen. In der Saison 2012/13 waren die Bergretter zu 72 Einsätzen ausgerückt.

"Sprachenunabhängige" Symbole für Hauptprobleme

Der Tiroler Lawinenwarndienst wartet rechtzeitig zu Beginn der Wintersaison mit einer Neuerung bei seinem Lagebericht auf. Künftig werden neben der Angabe der Gefahrenstufen - und damit noch vor dem eigentlichen Text - "sprachenunabhängig" mit einfachen Symbolen Antworten auf die drei wesentlichen Problemstellungen gegeben, sagte Leiter Rudi Mair im APA-Gespräch.

Dies werde internationaler Standard, mittelfristig sollen es alle anderen Warndienste den Tirolern gleichtun, erklärte Mair. Mit den "Icons" würden die Fragen "Was ist das Problem?", "Wo ist das Problem?" und "Warum gibt es das Problem?" anschaulich beantwortet. Bei letzterer Frage würde auch mit Gefahrenmustern gearbeitet, so der Experte. Dem zugrunde liegen die fünf Hauptprobleme bei Lawinen - nämlich Neuschnee, Altschnee, Triebschnee, Nassschnee und Gleitschnee.