Wegen "Sozialbetrugs" ist eine 35-Jährige Freitagnachmittag in Wiener Neustadt vor Gericht gestanden. Sie soll für eine ihrer vier Töchter über zehn Jahre hindurch Kinderbeihilfe bezogen haben, obwohl das Mädchen schon mit drei Monaten an plötzlichem Kindstod verstorben war. Der Prozess musste auf unbestimmte Zeit vertagt werden: Ein grafologisches Gutachten ist notwendig.

Mindestens 27.000 Euro soll die Niederösterreicherin zu Unrecht kassiert haben. Das Finanzamt, das die Kinderbeihilfe auszahlt, wurde vom Tod des kleinen Mädchens nie informiert. Dafür bekam das Amt jene Überprüfungsprotokolle, die man der Mutter zugeschickt hatte, stets handschriftlich ausgefüllt und unterschrieben - mit unwahren Angaben - retourniert. Sogar die Volksschule, die das verstorbene Mädchen angeblich besuchte, war in den Formularen angeführt. Erst Anfang 2015, als die 35-Jährige Arbeitslosengeld beantragte, flog der Schwindel auf.

"Ich habe das zwar unterschrieben, aber ausgefüllt habe ich die Formulare nicht", erklärte die Angeklagte im Prozess. "Ich hatte so viel Anderes im Kopf und zu tun. Ich hab' mich nicht darum gekümmert", rechtfertigte sich die angeklagte Mutter vor Gericht und beteuerte: "Ich wollte mich nicht an meinem toten Kind bereichern". Tatsächlich hat die Frau ein schweres Schicksal zu tragen: Ein Kind ist nach einem Unfall behindert, ein weiteres schwer krank. Deshalb, so ihre Verantwortung, habe sie ich auch gar nicht die Zeit gehabt, sich um bürokratische Angelegenheiten zu kümmern.

Grafologisches Gutachten

Die Frau versuchte ihrem geschiedenen Ehemann den "schwarzen Peter" zuzuschieben. Der Mann wies dies im Zeugenstand von sich. Verteidiger Johannes Zach beantragte die Einholung eines grafologischen Gutachtens. Dadurch erhofft man sich eine Klärung, wer tatsächlich die "falschen" Formulare ans Finanzamt ausgefüllt hat.

Das Gericht gab dem Antrag statt, der Prozess wird erst 2016 fortgesetzt. Das kommt der Angeklagten insofern zugute, als für sie mit dem neuen Jahr ein günstigerer Strafrahmen gilt: Statt wie bisher ein bis zehn Jahre für Betrug drohen dann lediglich sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe.