Unter dem Eindruck des am Donnerstag an der A4 (Ostautobahn) entdeckten Flüchtlingsdramas mit 71 Toten ist am Freitag am Landesgericht Korneuburg gegen einen 51-jährigen Bulgaren verhandelt worden, dessen Schlepper-Transport Mitte Juli bei Schwechat gestoppt worden war. Im Laderaum eines VW-Kastenwagens waren 54 Menschen eingepfercht, zwei davon kollabierten infolge Sauerstoffmangels.

500 Euro für Fahrt kassiert

Der Angeklagte wurde rechtskräftig zu drei Jahren unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Für Richter Helmut Neumar war es "nur ein Zufall, dass niemand gestorben ist". Eine Frau hatte bei akutem Sauerstoffmangel noch in Ungarn das Bewusstsein verloren. Sie musste bei einem Nothalt auf der Autobahn durch Mund-zu-Mund-Beatmung reanimiert werden. In der Folge wurden die Flüchtlinge zwar mit Wasser versorgt, die "Reise" ging aber gleicher Art weiter. Die Migranten rissen sogar den Dichtungsgummi aus der Seitentür, um durch den schmalen Spalt zumindest etwas Luft in den Innenraum des Fahrzeugs zu leiten.

Eine Streife des Stadtpolizeikommandos Schwechat hielt das offensichtlich überladene Fahrzeug in Mannswörth an. Der Hecktür entstiegen 24 Männer, zwölf Frauen und 18 Kinder. Die Einzelpersonen und Familien stammten aus dem Irak, aus Syrien sowie Afghanistan.

Der Angeklagte, der 500 Euro kassiert hatte, gab via Dolmetscherin an, in seiner Heimat einen Mann kennengelernt und von ihm den Auftrag für die Fahrt aus Geldnot angenommen zu haben. Dass er nicht bemerkte, wie viele Menschen dann in das Fahrzeug drängten, nahm ihm der Richter nicht ab: Jeder erkenne, ob fünf Leute einsteigen oder Dutzende. Er sei extrem aufgeregt gewesen, sagte der Beschuldigte. Als er später nach lautem Klopfen anhielt und eine Frau in sehr kritischem Zustand war, habe er sich geschworen, "nie mehr" eine derartige illegale Fahrt durchzuführen.

"Ärger als ein Viehtransport"

Ob er denn nicht realisiert habe, dass die Menschen ohne Luftzufuhr auf acht Quadratmetern zusammengepfercht waren - "ärger als ein Viehtransport", polterte Neumar. Der Angeklagte habe "einen Rekord aufgestellt bei der Ausnutzung von Transportraum", sah der Richter keine Entschuldigung für diese unmenschlichen Bedingungen und verwies auf die aktuelle Tragödie an der A4.

Staatsanwalt Lambert Schöfmann verwies in seinem Schlussvortrag auf die für die Flüchtlinge lebensbedrohlichen Umstände. Die Zahl der Geschleusten zeige, dass die Versuche der Gewinnmaximierung der Schlepperorganisationen keine Grenzen mehr kennen. Auch wenn die Fahrer wie in diesem Fall nur kleine Rädchen seien, sah Schöfmann generalpräventive Gründe für das Strafausmaß: Nur eine entsprechend harte Bestrafung - bei einem Strafrahmen bis zu zehn Jahren - würde sich in Schlepperkreisen herumsprechen.

In der Urteilsbegründung bezeichnete Richter Helmut Neumar unter Hinweis auf den unvorstellbar qualvollen Zustand, dem die 54 Menschen ausgesetzt waren, die mehrfache Qualifizierung der Tat als erschwerend. Natürlich seien auch generalpräventive Gründe berücksichtigt worden, auch wenn das Strafausmaß "losgelöst von dem tragischen Geschehen" auf der A4 festgesetzt worden sei. Der Angeklagte und der Staatsanwalt nahmen das Urteil an, womit es rechtskräftig ist.