Europas Tunnel werden immer sicherer. Beim diesjährigen Tunneltest des ÖAMTC mit seinen europäischen Partnern wurden insgesamt 20 Röhren in Deutschland, Italien und der Schweiz getestet. 14 erhielten die Note "Sehr gut" - darunter auch die beiden österreichischen Tunnel Roppen und Pfänder. Die restlichen sechs Tunnel wurden mit "Gut" bewertet, informierte der ÖAMTC in einer Aussendung.

Mängel in Detailbereichen geortet

Dennoch gibt es in Detailbereichen noch Mängel. "Negativ aufgefallen ist beispielsweise, dass bei der Hälfte der getesteten Tunnel die Wände nicht hell angestrichen waren", informierte ÖAMTC-Verkehrssicherheitsexperte David Nose. "Bei einem Viertel funktionierte die Verständigung über die Notrufe nicht einwandfrei." Ein anderes Problem: die Einsatzdauer der Atemschutzgeräte für die Feuerwehr. "Feuerwehrleute können sich bei starker Rauchentwicklung im Tunnel nur sehr langsam bewegen. Die Atemschutztechnik ist häufig nicht auf längere Einsätze ausgelegt, im schlimmsten Fall reicht die Zeit für die Feuerwehr nicht, um Rettungsmaßnahmen durchzuführen", so Nose. Bei den Tunneln Ursulaberg und Saukopf (beide in Deutschland) beträgt die Einsatzdauer der Atemschutzgeräte z. B. nur 30 Minuten, im Sant'Angelo (Italien) gar nur 20.

So gut wie keine Mängel gab es bei den österreichischen Tunneln - dem 6.886 Meter langen Pfändertunnel auf der Rheintalautobahn (A14) sowie dem Roppenertunnel auf der Inntal Autobahn (A12) mit einer Länge von 5.100 Metern. Beide erhielten die Bestnote "Sehr gut". "Das ist eine signifikante Verbesserung, seit diese beiden Tunnel letztmals getestet wurden", so Nose. Der Pfändertunnel wurde bereits 1999 und 2003 getestet, erreichte beide Male nur ein "ausreichend", beim Roppenertunnel wurde bei den bisherigen Tests (1999 und 2004) jeweils das Prädikat "bedenklich" vergeben. Mittlerweile ist bei beiden Tunneln eine zweite Röhre in Vollbetrieb. Auch wurden weitere Sanierungsarbeiten durchgeführt.

Risikopotential mit "mittel" bewertet

Beim Pfändertunnel wurde lediglich ein kleiner Mangel festgestellt: Zum Testzeitpunkt war die Beschilderung der Notrufstationen stark verschmutzt und kaum erkennbar. Das Risikopotential von Pfänder und Roppener wurde jeweils mit "mittel" bewertet, was vorwiegend an der Tunnellänge sowie am hohen Verkehrsaufkommen liegt. Als besonders positiv wurde bei beiden österreichischen Tunneln bewertet, dass im Brandfall sehr gute Aussichten bestehen, sich als Betroffener selbst retten zu können. "Das Lüftungssystem saugt den Rauch in der Nähe des Brandherdes aus dem Tunnel ab. So kann man in einer weitestgehend rauchfreien Atmosphäre über die gut gekennzeichneten Notausgänge und die Nachbarröhre flüchten", erläuterte Nose. Hinzu kommen unter anderem Features wie durchgehend empfangbarer Verkehrsfunk, Ampeln samt variablen Infotafeln zur Sperrung von Portalen, lückenlose Videoüberwachung und regelmäßige Übungen mit geschultem Personal. Zudem soll zukünftig bei beiden Tunneln auch das neue AKUT-System (akustisches Tunnelmonitoring) zum Einsatz kommen.

Klassenbester wurde heuer der deutsche Tunnel Berg Bock, der alles aufweist, was einen guten Tunnel ausmacht (gut gekennzeichnete Flucht- und Rettungswege, lückenlose Videoüberwachung, befahrbare Rettungswege, eigene Feuerwehr, etc.). Schlusslicht im Ranking und daher auch "Testverlierer" (trotz der Wertung "Gut") ist der Schweizer Gotthard-Tunnel. "Größtes Manko des längsten Tunnels im Test: Es gibt nur eine Röhre, die mit Gegenverkehr betrieben wird", erklärte der ÖAMTC-Experte. Außerdem werden im Test zu große Abstände zwischen den Pannenbuchten, ein hoher Lkw-Anteil von 23 Prozent sowie lange Steigungen vor dem Tunnel bemängelt. In Summe trägt all das zu einem potenziell hohen Risiko bei.

Die Autofahrerclubs hatten nach den Brandkatastrophen im Mont-Blanc- und im Tauerntunnel im Jahr 1999 die europäischen Tunneltests gestartet. Seitdem wurden laut dpa an die 400 Röhren in 21 europäischen Ländern unter die Lupe genommen - und eine stetige Verbesserung festgestellt.

"Bestes Ergebnis in der Geschichte"

"Das ist das beste Ergebnis in der Geschichte", sagte der ADAC-Vizepräsident für Verkehr, Ulrich Klaus Becker, am Mittwoch in München. Die neueste Untersuchung sei so gut, dass der Autoclub bis auf Weiteres keine Tests mehr vornehmen werde.

Der heurige Test wurde auf Initiative des ADAC durchgeführt, erklärte ÖAMTC-Verkehrssicherheitsexperte David Nose im Gespräch mit der APA. Die Geschichte des Tunneltests begann 1999 - nach verheerenden Bränden im Mont-Blanc-Tunnel und im Tauerntunnel mit insgesamt 51 Toten. Die fünf Jahre später beschlossene EU-Richtlinie zu Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln zeige Wirkung, erläuterte der ADAC. "Die Zehn-Jahres-Frist für die Umsetzung der EU-Richtlinie ist bereits 2014 abgelaufen", sagte Nose. Die Ergebnisse des heurigen Tests seien sehr gut, daher ist auf europäischer Ebene in absehbarer Zeit kein weiterer Test geplant, erklärte Nose. In Österreich werden jedoch noch einige Tunnel saniert, etwa der Bosrucktunnel und der Gleinalmtunnel auf der Phyrnautobahn (A9) oder der Karawankentunnel auf der A11. Wenn die Sanierungen abgeschlossen sind, sind Tunneltests auf nationaler Ebene "nicht ausgeschlossen", sagte Nose.