Es war bereits der zweite Rechtsgang in der heiklen Causa. Der Geistliche, der in einer 20.000-Seelengemeinde im südlichen Niederösterreich als Pater eingesetzt und bei der Bevölkerung sehr beliebt war, war bereits im Dezember 2013 wegen der sexuellen Übergriffe in Wiener Neustadt verurteilt worden - damals zu vier Jahren Freiheitsstrafe. Demnach soll der Pfarrer einen heute 25-Jährigen in den vergangenen Jahren vergewaltigt und auch durch K.o.-Tropfen sexuell gefügig gemacht haben.

Der Pater (verteidigt von Michael Dohr und Amir Ahmed) wollte diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen und ging in Berufung. Beim Obersten Gerichtshof (OGH) fand der promovierte Theologe aber nur teilweise Gehör: Zwar wurden zwei Punkte der Anklage aufgehoben, die Vergewaltigung und geschlechtliche Nötigung mittels K.o.- bzw. Schlafmitteln wurden jedoch bestätigt. Die Strafsache wurde zur neuerlichen Ausmessung der Strafhöhe an das Erstgericht zurückverwiesen.

Jetzt bekam der dienstfreigestellte Pater sechs Monate weniger Haft als beim ersten Urteil. Da der gesamte Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, erfuhr man erst bei der Urteilsverkündung einige Gründe dafür. Allein die lange Verfahrensdauer brachten dem Ordensmann einen "Bonus" von zwei Monaten. Auch der bisher ordentliche Lebenswandel wirkte sich auf die neue Strafbemessung positiv aus. Als erschwerend hingegen wertete der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Gerald Grafl die "besondere Heimtücke" bei den sexuellen Übergriffen.

Nach seiner Verurteilung erklärte der Pater, der sich "unschuldig" fühlt, dass er eine Wiederaufnahme des Verfahrens anstrengen möchte. Er will beweisen, dass er seinen Schützling nie missbraucht habe, sondern Intimitäten und Sex sehr wohl im Einvernehmen mit dem Burschen geschehen seien. Der Geistliche bekennt sich offen zu seiner Homosexualität.

Ausschlaggebend für den Wiederaufnahmeschritt sei eine eidesstattliche Erklärung eines jungen Ehepaares vor einem öffentlichen Notar. Das Paar bestätigt darin, dass es den Pater vor vier Jahren gemeinsam mit dem damals 21-jährigen Burschen beim Schmusen in einem Münchner Cafe beobachtet haben will. Das soll beweisen, dass Intimitäten und Zärtlichkeiten nicht erzwungen worden seien.

Das Strafverfahren gegen den Geistlichen hatte der Vater des angeblich missbrauchten Burschen durch eine Anzeige in Gang gesetzt. Diesem wurde vom Gericht übrigens ein "immaterieller Schadenersatz" von 5.000 Euro zugesprochen.