Die EU muss in diesem Jahr nach Angaben des obersten Grenzschützers der Union mit einer Rekordzahl von Flüchtlingen rechnen. Zwischen 500.000 und einer Million Menschen seien in Libyen zur Reise nach Europa bereit, sagte der Direktor der Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Schlepperbanden nutzten das Chaos in Afrika und dem Nahen Osten immer aggressiver aus, um Menschen über das Mittelmeer zu bringen, sagte Leggeri. Vor allem der Verfall der staatlichen Ordnung in Libyen schaffe eine ideale Umgebung für Schlepper.

Frontex benötige mehr Ressourcen und Mitteln, um einen stärkeren Einsatz im Mittelmeer zu garantieren. Der Einsatz der EU-Grenzschutzagentur allein genüge nicht. "Die Kooperation zwischen der EU und den afrikanischen Ländern ist sehr wichtig", meinte Leggeri.

330.000 illegale Grenzübertritte

2014 wurden etwa 300.000 illegale Grenzübertritte in die EU registriert. Nach UNO-Angaben kamen dabei etwa 218.000 Menschen über das Mittelmeer. Dabei sollen rund 3300 Flüchtlinge ums Leben gekommen seien.

Bis November 2014 hatte Italien im Rahmen seines Einsatzes "Mare Nostrum" bis weit über die italienische Seegrenze hinaus patrouilliert und mehr als 100.000 Flüchtlinge aus Afrika oder dem Nahen Osten gerettet. Dieser Einsatz wurde beendet, nachdem mehrere EU-Staaten kritisiert hatten, er biete Schlepperbanden einen Anreiz. Tatsächlich wurden Flüchtlinge immer häufiger in marode Schiffe gesetzt, weil die Schlepper auf die Rettung spekulierten. Seit November gibt es den deutlich kleineren Einsatz "Triton" von Frontex. Organisationen kritisieren, die EU unternehme nicht genug, um Flüchtlinge zu retten.