Eine "hohe fünfstellige Stückzahl" an hochgradig gefährlichen und unzulässigen pyrotechnischen Knallkörpern ist in Österreich in den Umlauf gelangt, nicht nur am Schwarzmarkt, sondern auch im regulären Handel. Die Böller wurden "über mehrere Jahre" hinweg in Österreich illegal produziert, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Die Behörde warnte vor diesen hochexplosiven Böllern: Wer im Besitz dieser Knallkörper ist, solle sofort die Polizei verständigen. Denn die selbst gefertigten Blitzknallkörper entsprechen nicht den Qualitätsstandards und sind "offensichtlich von Laien zusammengemischt worden", sagte Thomas Csengel vom Entschärfungsdienst.

Die betroffenen Böller, mit Namen wie "Bom bon", "Cobra" oder "Viper" enthalten große Mengen an Blitzknallsätzen, das "brisanter als Schwarzpulver ist", erläuterte der Experte. Auch die berüchtigten Schweizer-Kracher ("Piraten") enthalten laut Csengel beispielsweise Blitzknallsätze, jedoch lediglich 0,5 Gramm. Eine generelle Aussage, wie viel in den illegalen Böllern verarbeitet wurden, könne man nicht machen, teilweise seien es jedoch "50 bis 100 Gramm".

Bestandteile möglicherweise verunreinigt

Zudem gebe es "Hinweise, dass die chemischen Bestandteile möglicherweise verunreinigt sind". Daher sind die "Böller nicht handhabungssicher, instabil und sehr sensibel". Eine Explosion im Nahbereich "kann zu schweren traumatischen bis hin zu tödlichen Verletzungen führen", sagte Csengel. Daher sollen die Feuerwerkskörper ja nicht berührt werden.

Nach der Explosion in der vergangenen Woche in Kapfenstein im Bezirk Südoststeiermark, bei der ein Vater und sein Sohn ums Leben kamen, waren Ermittler auf tausende illegal hergestellte Böller gestoßen. Diese waren teilweise auch für den "Versand fertiggestellt", sagte Csengel. Rund 6.000 Stück wurden bereits vergangenen Dienstag in einer kontrollierten Sprengung im südsteirischen Straden vernichtet.

Dass es sich bei der illegalen Produktionsstätte der Böller, vor denen das Ministerium heute warnte, um jene in Kapfenstein handelt, wollten die Behörden bei der Pressekonferenz nicht offiziell bestätigen. Doch gebe es eine "konkrete Verdachtslage", dass die Knallkörper über eine zentrale Bezugsstelle auch in den regulären Verkauf gelangt sind. Eine Produktwarnung werde auch auf europäischer Ebene ausgesprochen. Zum genauen Vertriebsweg wurde unter Hinweis auf noch laufende Ermittlungen keine Angaben gemacht.

"Es gibt noch keine Zahl der betroffenen Fachhändler", sagte Robert Siegert, Branchensprecher des österreichischen Pyrotechnikhandels bei der WKÖ. Die Händler seien nicht davor gefeit, täuschend echt aussehende, jedoch illegal produzierte Ware in gutem Glauben zu erwerben.

"Die Warnung ist ernst zu nehmen"

Es werde jedenfalls "auf Anweisung der Sicherheitsbehörden" Überprüfungen bei den Händlern geben, kündigte Grundböck an. "Die Warnung ist ernst zu nehmen", sagte Helmut Perz vom Konsumentenschutzministerium. Pyrotechnische Produkte sollen "nur aus seriösen Quellen" bezogen werden. Im Fall der betroffenen Böller sei ein Unterschied zu legalen Feuerwerkskörpern für den Konsumenten nicht ersichtlich, sagte Siegert.

Bei der Explosion vergangene Woche starben ein 57-jähriger Mann und sein 29-jähriger Sohn, zur Detonation kam es, als die beiden mit hochexplosivem Pulver hantierten. Die Druckwelle riss das Gebäude - die "Werkstätte" - weg und beschädigte umliegende Häuser, Dächer und Autos. Doch auch bereits in den vergangenen Jahren waren die illegalen Böller "insbesondere bei Sachbeschädigungen rund um Silvester" durchaus "tatrelevant", sodass der Entschärfungsdienst zugezogen wurde, sagte Csengel.