Eine Online-Petition des Frauenbüros der Stadt Salzburg fordert eine Reform des Vergewaltigungs-Paragrafen. So soll in Zukunft das erkennbare Verweigern einer sexuelle Handlung, etwa durch ein "Nein", ausreichen, um den Tatbestand der Vergewaltigung zu erfüllen.

Die Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg, Alexandra Schmidt, ist die Initiatorin der Petition. "Diese Forderung gibt es schon mehrere Jahre und basiert auf den Erfahrungen der Gewaltschutzeinrichtungen", sagte Schmidt der APA. 920 Anzeigen wegen Vergewaltigung im Jahr 2013 stehen 104 Verurteilungen gegenüber, ein niedriger Verurteilungsgrad, der sich daraus erklärt, dass es sich häufig um ein Beziehungsdelikt ohne Zeugen handelt.

Oft steht Aussage gegen Aussage

"Selten ist bei anderen Delikten die Beweissituation derart schwierig", so Andrea Jobst-Hausleithner, Juristin des autonomen Frauenzentrums in Linz und des "Bundesverbands der autonomen Fachstellen Österreichs zu sexueller Gewalt an Frauen und Mädchen". Meist steht Aussage gegen Aussage, häufig gibt es keine sichtbaren Verletzungen; der Nachweis einer Gewaltanwendung ist oft nur möglich, wenn das Opfer sich heftig gegen die Vergewaltigung wehrt und dabei verletzt wird.

Der Beweis für ein "Nein" wird vor Gericht nicht unbedingt leichter fallen, könnte ein Einwand gegen die Forderung zur Änderung des Paragraphen 201 StGB lauten - jedoch ist "das Strafrecht auch ein Statement der gesellschaftspolitischen Entwicklung", so die Expertin. Ebenso ist auch die nach bestehendem Recht erforderliche Gewalt bzw. Nötigung schwer beweisbar und daher würde diese Beweisproblematik nach einer Adaptierung wegfallen.

Eine Beurteilung nach geltender Rechtslage ergibt bisher oft keine "Vergewaltigung im eigentlichen Rechtssinne", wenn die im entsprechenden Paragrafen dazu notwendige "Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben" fehlt, so der Status quo. Wenn also eine Frau bei einem unerwünschten Sexualakt "Nein" sagt, weint oder aus Angst keinen körperlichen Widerstand leistet, ist der Tatbestand der Vergewaltigung nicht erfüllt.

Und diese Gegenwehr erfolgt nicht immer: "Es ist wissenschaftlich bestätigt, dass viele Frauen bei sexuellen Übergriffen in einen Schock- und Starrezustand geraten. Dieses 'Freezing' wird aber im Strafverfahren nicht als Abwehrreaktion gewürdigt", sagte Martina K. Sommer, Leiterin des 24-Stunden-Frauennotrufs der Stadt Wien. Es sei in höchstem Ausmaß bedenklich, dass ein verbales "Nein" oder "Weinen" nicht ausreicht zur Verdeutlichung der mangelnden Einwilligung, sondern dass eine gewaltsame Gegenwehr erforderlich ist.

Neuer Straftatbestand

Aus der Sicht des 24-Stunden-Frauennotrufs wird es als absolut notwendig erachtet, dass durch Schaffung eines neuen Straftatbestandes endlich den wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Verteidigung des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung von Frauen Rechnung getragen wird: "Jemand, der an einer andere Person eine sexuelle Handlung gegen deren Willen durchführt und den mangelnden Willen erkennen konnte (wie etwa durch ein ausgesprochenes Nein, Weinen, Freezing, etc. - Anmerkung), sollte selbstverständlich dafür bestraft werden können", forderte Sommer.

Die Forderungen im Bereich des Sexualstrafrechts sind dem Justizministerium bekannt und werden im Rahmen der politischen Diskussion zur Reform des Strafgesetzbuches geprüft, hieß es auf Anfrage. Jobst-Hausleithner gab in der Diskussion zu bedenken, dass im Strafrecht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw. das "Ultima-Ratio-Prinzip" gilt - um Vergewaltigungen zu verhindern, braucht es strukturelle Maßnahmen, eine umfassende Sensibilisierung und Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft. Auch hier gibt es aus Sicht von Initiatorin Schmidt noch "Luft nach oben", etwa bei der Präventionsarbeit gegenüber der überwiegend männlichen Täterseite.