Der ehemalige Chef der Cosa Nostra galt einst als meistgesuchte Pate und wurde 2006 auf Sizilien verhaftet. Provenzano war vor vier Jahren gestürzt und operiert worden. Von dem Eingriff hat er sich nicht mehr erholt. Alle noch offenen Verfahren gegen ihn wurden daraufhin ausgesetzt, weil er laut ärztlichen Gutachten nicht mehr verhandlungsfähig war.

In den vergangenen Tagen hatte sich der Gesundheitszustand des 2006 nach 40-jähriger Flucht auf Sizilien gefassten Bosses wesentlich verschlechtert. Seit Jahren kämpften seine Angehörigen um die Freilassung des "Paten" und argumentierten mit seinem schlechten Gesundheitszustand. Ein Antrag auf eine Lockerung der Haftbedingungen war erst vor zwei Tagen abgelehnt worden, berichteten italienische Medien am Mittwoch.

Kritik von Provenzanos Anwältin

"Obwohl er nur noch dahinvegetierte, hat man Provenzano bis zuletzt zu strengster Haft gezwungen", kritisierte seine Anwältin Rosalba Di Gregorio. De facto sei Provenzano bereits vor vier Jahren gestorben.

Der frühere Chef der Cosa Nostra war im April 2006 in der Nähe der sizilianischen Stadt Corleone gefasst worden. Er galt damals als der meistgesuchte italienische Mafia-Pate. Der "Boss der Bosse" soll laut Aussagen von Mafia-Aussteigern in mindestens 40 Morde verwickelt gewesen sein. Mehrmals wurde er während seiner Flucht in Abwesenheit zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Er soll auch ein Drahtzieher von internationalem Drogenhandel und Geldwäsche gewesen sein.

"Der Traktor" oder "Das Gespenst"

Es rankten sich zahlreiche Legenden um den Boss aus dem berüchtigten "Mafiadorf" Corleone in den sizilianischen Bergen, der den Fahndern immer wieder entwischte. Anfang 1993, als die damalige Nummer eins der Mafia und vielfache Mörder Toto Riina den Fahndern ins Netz gegangen war, übernahm "U Tratturi" ("Der Traktor") alias Bernardo Provenzano das Kommando der Cosa Nostra. Immer wieder wechselte er die Verstecke. Unter anderem hieß es, Provenzano habe sich als Bischof getarnt. An seine Getreuen schickte er Zettel mit Befehlen, die mit Drohungen endeten. Jahrelang hatte es nur ein Phantombild Provenzanos gegeben. "Mann ohne Gesicht" nannten ihn die Beamten, oder einfach "Das Gespenst". Schließlich wussten sie nicht mehr, wie er aussah. Dabei versteckte sich Provenzano in Palermo oder ganz in der Nähe von Corleone.

Der Polizeichef von Palermo, Guido Longo, stellte klar, dass er ein öffentliches Begräbnis für Provenzano auf Sizilien nicht zulassen werde. "Für Corleone ist Provenzanos Tod die Befreiung von einem Tumor", erklärte die Bürgermeisterin der als Mafia-Hochburg bekannten Ortschaft nahe Palermo, Leoluchina Savona.