45,8 Millionen Menschen leben derzeit weltweit in Sklaverei. Diese Zahl hat die australische Stiftung "Walk Free" am Dienstag in ihrem "Global Slavery Index" in London vorgestellt. Indien stehe mit 18,35 Millionen Personen an der Spitze. Europa liegt mit 1.243.400 Menschen in moderner Sklaverei im Ranking an letzter Stelle. In Österreich seien 1.500 Menschen versklavt.

Die Niederlande sind laut dem Index das einzige europäische Land, welches mit der "Note A" bewertet wurde. Zusammen mit Österreich folgen Großbritannien, Schweden, Portugal, Kroatien, Spanien, Belgien, Norwegen mit der zweitbesten "Note BBB". "Walk Free" betonte allerdings, dass auch wenn Europa die "niedrigste Inzidenz" bei Sklaverei zeige, es trotzdem eine "Quellenregion für die Ausbeutung von Männern, Frauen und Kindern in Zwangsarbeit und kommerzieller sexueller Ausbeutung bleibe".

Banden haben es auf Kinder abgesehen

Vor allem der aktuelle Zustrom von Flüchtlingen setze die europäischen Schutzmaßnahmen einer hohen Belastungsprobe aus und schaffe Schlupflöcher, die leicht von europäischen kriminellen Netzwerken ausgenutzt werden könnten. Zurzeit seien schätzungsweise 10.000 Kinder, die als Flüchtlinge registriert seien, in Europa vermisst. Europol warne deshalb vor Banden, die es auf diese Kinder abgesehen haben, um sie sexuell auszubeuten oder zu Sklaverei und Zwangsarbeit in der Landwirtschaft und in Fertigungsbetrieben zu zwingen.

Mazedonien sei mit 0,64 Prozent der Bevölkerung in moderner Sklaverei das europäische Land mit der höchsten Prävalenz für Sklaverei. Dahinter folgten die Türkei (0,626 Prozent), Polen und Bosnien-Herzegowina (beide 0,476 Prozent). Beim Anteil der Bevölkerung, welche in Sklaverei gefangen ist, schneide Nordkorea auf weltweiter Ebene mit 4,4 Prozent am schlechtesten ab. Im Vergleich dazu habe Österreich 0,018 Prozent.

Weltweit befinde sich Indien in absoluten Zahlen mit schätzungsweise 18,35 Millionen versklavten Menschen an der Spitze, gefolgt von China (3,39 Millionen), Pakistan (2,13 Millionen), Bangladesch (1,53 Millionen) und Usbekistan (1,23 Millionen). Diese fünf Länder bilden zusammen 58 Prozent der versklavten Menschen weltweit - im Vergleich dazu bilde Europa lediglich 2,7 Prozent der globalen Gesamtzahl.

Unternehmer spielen entscheidende Rolle

Andrew Forrest, Vorsitzender und Gründer der "Walk Free Foundation", betonte die entscheidende Rolle, die Unternehmen beim Ausmerzen von Sklaverei spielen müssten: "Unternehmen, die nicht aktiv nach Zwangsarbeit in ihren Lieferketten suchen, stehen vor einer tiefergehenden Krise. Wirtschaftsführer, die der Realität ihrer eigenen Lieferketten nicht ins Auge sehen wollen, sind töricht und verantwortungslos". Er rief zudem die Regierungen der führenden Wirtschaftsnationen dazu auf, "ein Beispiel für andere zu sein, indem sie solide Maßnahmen gegen die Sklaverei beschließen und umsetzen".

Laut dem Index sind 28 Prozent mehr Menschen in moderner Sklaverei gefangen, als noch bis 2014 geschätzt wurde. Dieser deutliche Anstieg lässt sich laut "Walk Free" auf eine verbesserte Datenerhebung und Forschungsmethodik zurückführen. Die Umfrageforschung umfasste nun mehr als 42.000 Befragungen in 53 Sprachen in 25 Ländern, einschließlich 15 Umfragen auf Bundesstaatenebene in Indien. Als moderne Sklaverei definiert die Studie alle Situationen, in denen Menschen die Kontrolle über ihren Körper oder die Art ihrer Arbeit entzogen wird.