Die Tötung eines Gorillas im Zoo der Stadt Cincinnati hat über die USA hinaus Hunderttausende Tierliebhaber auf den Plan gebracht. Zoobedienstete hatten den 17-jährigen "Harambe" am Samstag erschossen, nachdem ein kleiner Bub über das Schutzgeländer geklettert, in einen Wassergraben gefallen und dann von dem Silberrücken durch das Wasser gezogen worden war. Der Vierjährige wurde gerettet.

Proteststurm übers Netz

Der Proteststurm via Internet und ein Medienwirbel in den USA, der sogar den Präsidentschaftswahlkampf in den Hintergrund rückte, zwang die Zooleitung am Montag dazu, ihr Vorgehen erneut zu verteidigen. Der Zorn richtete sich indessen nicht nur gegen den Zoo, der nach Ansicht der Kritiker zu radikal vorging, sondern auch gegen die Eltern des Buben.

Bis Montagabend unterzeichneten rund 200.000 Menschen dem Sender NBC zufolge eine Internet-Petition, in der ihre Bestrafung gefordert wurde. Sie hätten ihr Kind nicht genügend beaufsichtigt und dadurch den Tod des Gorillas herbeigeführt, hieß es zur Begründung.

Auch eine Facebook-Seite mit dem Namen "Justice for Harambe" (Gerechtigkeit für Harambe) erntete schon binnen weniger Stunden Zehntausende "Likes". "Ein vom Aussterben bedrohtes Tier zu töten ist schlimmer als Mord", zitierte die "Washington Post" beispielsweise einen Kommentar aus Dänemark.

TV-Sender zeigten Bilder aus dem Gehege

US-Fernsehsender hatten zuvor dramatische Bilder aus dem Affengehege gezeigt. Der große, kräftige Tier zog das Kind an sich, schien es aber eher beschützen als verletzen zu wollen. Der Bub schaut den riesigen, 200 Kilogramm schweren Gorilla entgeistert an. Der Affe zerrt ihn am Bein durch einen Wassergraben, legt ihn sich zwischen die Beine. Er greift ihn aber nicht an, wirkt fast liebevoll im Umgang mit dem Kind.

Direktor verteidigt Vorgehen

Zoodirektor Thane Maynard bekräftigte am Montag vor Journalisten, dass der Tod von "Harambe" ein schwerer Verlust sei, es aber keine andere Wahl gegeben habe. Der Gorilla sei durch den Sturz des Buben aufgeregt, desorientiert und unberechenbar geworden, mit seinen knapp 200 Kilo Gewicht habe er eine unmittelbare Gefahr für das Kind dargestellt.

Das Tier mit einem Betäubungsmittel lahmzulegen, sei keine Option gewesen. Das hätte zu lange gedauert, sagte Maynard: "Wir stehen zu unserer Entscheidung, und wir würden heute genauso verfahren."

Polizei: Keine Ermittlungen gegen Eltern

Der Zorn von Tierschützern richtete sich auch gegen die Eltern des Kindes, die nicht genug auf den Buben aufgepasst hätten. Mehrere Tierschutzorganisation forderten strafrechtliche Ermittlungen gegen die Mutter. Auf Social Media startete eine Diskussion, die in zum Teil menschenverachtenden Kommentaren gipfelte. Vor dem Zoo, der das Affengehege vorübergehend sperrte, trauerten Tierschützer mit Plakaten wie "Harambe - In liebender Erinnerung..."

Die Familie des Kindes äußerte sich zurückhaltend. "Urteile sind schnell gefällt", heißt es in einer Stellungnahme der Mutter. "Wer mich kennt, weiß, dass ich alles für mein Kind tun würde." Die Eltern bedankten sich unterdessen in einer schriftlichen Erklärung für die "rasche Reaktion" der Zoomitarbeiter und erkannten zugleich an, dass der Zoo einen schweren Verlust erlitten habe. Ihrem Kind gehe es gut, hieß es weiter.

US-Medienberichten zufolge plant die Polizei keinerlei Ermittlungen gegen die Eltern. Die Mutter war laut der Berichte dabei, als ihr Sohn in den Wassergraben fiel, als Tagesmutter zusammen mit mehreren anderen Schützlingen.

Vom Aussterben bedroht

"Harambe", der in einem Zoo in Texas geboren war sollte eigentlich weitere Junge zeugen. Die Westlichen Flachlandgorillas sind eine extrem selten gewordene Art, die unter Schutz steht und akut vom Aussterben bedroht ist. 175.000 Exemplare leben noch in freier Wildbahn.