Favours schwangere Mutter starb bei der Überfahrt aus Nordafrika, sie hatte wegen eines defekten Motors starke Verbrennungen erlitten. Die neunmonatige Favour landete also alleine auf Lampedusa. Seitdem ihr Schicksal öffentlich bekannt wurde, rollt eine Welle der Solidarität das das Land: Zahlreiche italienische Familien wollen nun das kleine Mädchen adoptieren.

Mehr als Tausend Menschen wollen adoptieren

Das Baby stammte entgegen erster Berichte nicht aus Mali, sondern aus Nigeria, wo die islamistische Terrorgruppe Boko Haram seit Jahren Angst und Schrecken verbreitet. Mehr als 1000 Menschen aus allen Teilen Italiens hätten ihre Bereitschaft erklärt, das Mädchen bei sich aufzunehmen, hieß es. Ein Gericht in Palermo soll nun entscheiden.

Auch Pietro Bartolo, Arzt auf der Insel Lampedusa, ist bereit, das Mädchen in Pflege zu nehmen und hat einen entsprechenden Antrag gestellt. "Ich weiß, dass meine Frau und ich ein gewisses Alter haben, aber ich wäre sehr glücklich, wenn ich sie aufnehmen dürfte", sagte der 60-Jährige.

"Favour ist ein bildhübsches und sehr süßes Mädchen", erklärte er. "Sie hat mich umarmt, sie hat keine Träne vergossen und sich untersuchen lassen, ohne sich je zu beklagen." Die Kleine sei ein wenig unterkühlt und dehydriert gewesen, aber ansonst gehe es ihr gut. "Wer weiß, ob Favour je wieder einen ihrer Verwandten umarmen wird oder ob sie selbst wissen wird, wo sie herstammt", kommentierte die Zeitung "La Stampa". Sie sei ein "Kind der Meeres, eines Meeres das Menschen verschlingt und andere rettet." 

Immer mehr Flüchtlingskinder ohne Eltern

Bartolo war auch zur Stelle, als am Donnerstag ein fünfjähriger Bub ebenfalls unbegleitet auf der Insel ankam. Zusammen mit mehr als 90 Menschen konnte der Bub nach dem Untergang des Flüchtlingsbootes, auf dem er mit seiner Familie unterwegs nach Europa war, von EUNAVFOR MED und der italienischen Küstenwache in Sicherheit gebracht werden.

Seine Eltern werden jedoch im Mittelmeer vermisst. Aus welchem Land Afrikas das Kind stammt, war nicht klar, aber er sei völlig durchnässt und halb erfroren gewesen, als Bartolo ihn in Empfang nahm. "Er stand unter Schock und hatte weit aufgerissene Augen", hieß es.

"Pflicht von jedem von uns, zu helfen"

Bartolo ist einer der Protagonisten des Dokumentarfilms "Fuocoammare" (Feuer auf See) des italienischen Regisseurs Gianfranco Rosi, der im Februar in Berlin den "Goldenen Bären" gewonnen hatte. Bei der Berlinale hatte er die europäische Flüchtlingspolitik scharf kritisiert. "Manche bauen Mauern, andere ziehen Stacheldraht hoch, aber weder Mauern noch Drähte werden diese Leute aufhalten", erklärte der Arzt, der seit 30 Jahren ankommende Migranten auf Lampedusa versorgt.

Die einzige Möglichkeit, um den Zustrom zu stoppen, sei es, den Menschen in ihren eigenen Ländern zu helfen, "und so lange dies nicht passiert, ist es die Pflicht von jedem von uns, ihnen zu helfen, sie aufzunehmen".