Bei einem schweren Erdbeben im Süden Taiwans sind mindestens 15 Menschen getötet und rund 500 verletzt worden. In einer groß angelegten Bergungsaktion suchten Rettungskräfte am Samstag in den Trümmern nach rund Hundert Vermissten, wie lokale Medien berichteten. Es wurde damit gerechnet, dass die Zahl der Opfer weiter ansteigt. Unter den Toten ist auch ein zehn Tage altes Baby!

Es wurde damit gerechnet, dass die Zahl der Opfer weiter ansteigt. Die Erdstöße erreichten die Stärke 6,4 und überraschten die Menschen am frühen Morgen um 3.57 Uhr Ortszeit im Schlaf.

Wohngebäude brachen wie Kartenhäuser zusammen
Wohngebäude brachen wie Kartenhäuser zusammen © APA/AFP/SAM YEH

In der Zwei-Millionen-Metropole Tainan blieben die zumeist kleineren Häuser unbeschädigt, doch wurden mehrere höhere Häuser schwer beschädigt oder stürzten ein. Ein 16-stöckiges Wohngebäude kippte komplett auf die Seite. Die Behörden planen eine Untersuchung, ob es Mängel in der Struktur oder Bauweise gab.

In dem Hochhaus waren rund 250 Menschen behördlich gemeldet. Bis zum Abend wurden elf Tote dort gefunden. Unter ihnen ist ein erst zehn Tage alter weiblicher Säugling. Die Mehrheit der Bewohner konnte lebend geborgen werden. Doch waren am Abend noch Menschen dort eingeschlossen oder verschüttet. Mit schwerem Gerät und Trägern mussten Wände gestützt werden, damit das Haus nicht weiter einstürzt.

Zahl der Toten steigt stündlich

Auch in den Trümmern anderer stark beschädigter Häuser wurden mehrere Menschen vermisst. Die Zahl der Toten stieg fast stündlich. Bei dem Beben wurde eine 56-jährige Frau von einem herabfallenden Wassertank erschlagen. Auch erlag ein 40-Jähriger den schweren Verletzungen durch umfallende Möbel in seinem Hotelzimmer. Von den 475 Verletzten konnte ein Großteil nach der Behandlung im Krankenhaus wieder nach Hause gehen, berichteten die Behörden.

Auch Popstar Madonna betroffen

Die Erdstöße überraschten auch Superstar Madonna und ihre Musiker, die auf ihrer Rebel Heart Tour in Taiwan sind. Ihr Manager Guy Oseary schrieb aus dem 350 Kilometer entfernt gelegenen Taipeh auf Instagram: "Erdbeben hier in Taipeh. Vier Uhr früh...Wir sind alle OK... Hoffe, dass es vorbei ist." Am Samstagabend ist ein zweites Konzert von Madonna in Taiwans Hauptstadt geplant.

Katastrophe zu Neujahr

Die Rettungskräfte waren im Dunkeln mit Scheinwerfern im Einsatz, um in den Trümmern nach weiteren Überlebenden zu suchen. Mit Leitern, Kränen und Baggern versuchten sie, in die völlig zerstörten Wohnungen zu gelangen. Auf der Straße standen erschöpfte und fassungslose Bewohner.

"Ich habe Häuser gesehen, die nach oben und unten, und nach links und rechts geschwankt sind", sagte ein Bewohner des Hochhauses dem Fernsehsender SET TV. Eine Frau berichtete, sie habe mit einem Hammer ihre verbogene Wohnungstür aufgebrochen, um ins Freie zu gelangen. Ein Mann sagte der Zeitung "Apple Daily", er habe Kleidungsstücke zusammengeknotet, um sich von seiner Wohnung im neunten Stock in den sechsten Stock abzuseilen.

Katastrophenort aus der Luft gesehen
Katastrophenort aus der Luft gesehen © APA/AFP/CTI TV

In dem Hochhaus leben nach offiziellen Angaben mehr als 250 Menschen. Taiwans Innenminister Chen Wei Jen sagte aber, dass sich zum Zeitpunkt des Bebens sogar noch mehr Menschen in dem Haus aufgehalten haben könnten, da kurz vor dem chinesischen Neujahrsfest viele Menschen bei Verwandten zu Besuch seien.

Auch Regierungschef Chang San Cheng eilte zur Unglücksstelle. Eine ältere Frau berichtete ihm unter Tränen, dass ihr Sohn, ihre Schwiegertochter und ihre Enkelkinder im 15. Stock verschüttet worden seien, wie "Apple Daily" berichtete.

In der ganzen Stadt wurden nach Behördenangaben mehr als 300 Menschen verletzt. 60 von ihnen wurden mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Aus den Trümmern eines siebenstöckigen Hauses, das ebenfalls einstürzte, wurden mindestens 30 Menschen geborgen.

Einsatz der Rettungskräfte
Einsatz der Rettungskräfte © AP

Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS 39 Kilometer nordöstlich der Hafenstadt Kaohsiung. Das Tsunami-Warnzentrum für den Pazifik teilte mit, es bestehe keine Gefahr einer Riesenwelle.

Taiwan wird immer wieder von Erdbeben erschüttert, weil die Insel in der Nähe einer Bruchstelle zweier tektonischer Platten liegt. Bei einem Erdbeben der Stärke 7,6 waren im September 1999 rund 2400 Menschen ums Leben gekommen. Im Juni 2013 starben vier Menschen bei einem Beben der Stärke 6,3.