Mehrere Hundert Demonstranten hätten sich an mehreren Stellen rings um die Stadt eingefunden, mehrere Straßen seien blockiert gewesen, berichtete die "Chicago Tribune" am Mittwoch.

Abgesehen von kleineren Turbulenzen und einigen Festnahmen seien die Proteste friedlich verlaufen. Am Dienstag war ein weißer Polizist vor einem Gericht in Chicago des Mordes angeklagt worden, nachdem er am 20. Oktober vorigen Jahres den 17 Jahre alten Laquan McDonald niedergeschossen und dabei 16 Mal abgedrückt hatte. Das im Anschluss an die Anklage veröffentlichte Video zeigt, dass der junge Mann nicht mit einem Messer auf die Ordnungshüter losgegangen ist, wie der angeklagte Polizist zu seiner Verteidigung vorgebracht hatte.

Von den ersten beiden Schüssen getroffen, fiel der junge Mann zu Boden und blieb regungslos liegen. Das Video, aufgenommen aus einem Polizeifahrzeug, zeigt auch, wie sich mehrere Polizisten dem Tatort nähern, dem Sterbenden aber keinerlei Betreuung zukommen lassen.

Staatsanwältin: "Es ist schaurig"

"Es ist grausam, es ist gewaltsam, es ist schaurig", sagte Staatsanwältin Anita Alvarez. "Einen 17-Jährigen auf so gewalttätige Art sterben zu sehen, ist zutiefst verstörend." Der Teenager soll mit einem Messer vor einem Polizeiauto herumgefuchtelt haben. Der angeklagte Polizist eröffnete nach Angaben der Staatsanwaltschaft unmittelbar das Feuer und schoss selbst dann weiter auf den Jugendlichen, als dieser bereits am Boden lag.

Auf dem Video vom Oktober 2014, aufgenommen von einer Kamera auf dem Armaturenbrett eines Fahrzeugs der Sicherheitskräfte, ist zu sehen, wie der 37-jährige Polizist 30 Sekunden nach seiner Ankunft vor Ort - und nur sechs Sekunden nach Verlassen seines Wagens - auf den Jugendlichen schießt. Nach den Schüssen lassen die Beamten ihn auf der Straße verbluten.

Video: Polizeivideo sorgt für Demonstrationen in Chicago

Immer wieder Polizeigewalt

Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze haben wiederholt für Empörung und Aufruhr in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Im Sommer 2014 hatte die Tötung des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen ausgelöst. Der verantwortliche Polizist wurde nicht angeklagt, obwohl Brown unbewaffnet war. Im April hatte der Tod des Schwarzen Freddie Gray im Polizeigewahrsam in Baltimore zu Ausschreitungen in der Ostküstenstadt geführt.

In Minneapolis wurden am Montagabend fünf Menschen verletzt, als drei weiße Verdächtige auf Teilnehmer einer Demonstration für die Rechte von Afroamerikanern schossen. Einer der mutmaßlichen Schützen wurde nach Angaben der Behörden festgenommen. Bürgermeisterin Betsy Hodges sprach von einer "abscheulichen" Tat und kündigte an, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Hintergründe waren zunächst unklar, die Organisatoren der "Black Lives Matter"-Demo vermuteten aber eine rassistische Gruppe hinter den Schüssen.