Mehr als zwei Wochen nach dem verheerenden Beben in Nepal hat ein weiterer schwerer Erdstoß den Himalaya-Staat erschüttert. Rettungskräften zufolge wurden wieder Menschen getötet und verletzt. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte das Beben am Dienstag eine Stärke von 7,3. Sein Zentrum lag demnach etwa 76 Kilometer östlich der Hauptstadt Kathmandu in 15 Kilometern Tiefe.

Chautara schwer betroffen

In der rund 40 Kilometer östlich der Hauptstadt Kathmandu gelegenen Stadt Chautara seien vier Tote aus den Trümmern eingestürzter Gebäude geborgen worden, sagte ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Dienstag. Mehrere Verletzte wurden nach Behördenangaben in ein Krankenhaus gebracht. IOM hatte nach dem verheerenden Erdbeben vor zwei Wochen Einsatzkräfte in die Region entsandt. Behörden zufolge gab es in der Provinz rund um Chautara drei große Erdrutsche. Die Region war schon bei dem letzten Beben am stärksten betroffen. Auch im benachbarten Indien kamen nach Behördenangaben mindestens zwei Menschen durch das neue Beben um.

Chautara (siehe Karten unten): Mehrere Gebäude eingestürzt, mindestens vier Tote

Offizielle Angaben über Schäden oder Opfer gab es zunächst nicht. Nepalesische Behörden waren nicht erreichbar, da das Telefonnetz in Kathmandu völlig überlastet war. Auch das UN-Büro für Katastrophenhilfe (Ocha) erklärte auf Twitter, einige Gebäude seien eingestürzt. In der Hauptstadt Kathmandu liefen die Menschen in Panik auf die Straßen.

Zu spüren war das Beben auch im nördlichen Indien und der Hauptstadt Neu Delhi.

Das Epizentrum des Bebens
Das Epizentrum des Bebens © Lamjung

Caritas-Helferin schildert Situation 

"Wir haben alle gezittert, viele haben geweint." Die österreichische Caritas-Helferin Judith Stemerdink-Herret hat das neue schwere Erdbeben im Stadtzentrum von Kathmandu miterlebt. "Es war wirklich heftig und beängstigend", schilderte Stemerdink-Herret. "Ich habe gerade in einem Zelt im Hof Mittag gegessen, als wir es gespürt haben. Im Büro ist unser Erdbebenalarm losgegangen."

"Wir sind dann alle durch das Tor nach draußen gelaufen, es war schwierig, einen offenen Bereich in den engen Gassen zu finden", sagte die Caritas-Mitarbeiterin im Gespräch mit der APA. "20 Personen standen dann draußen, um uns herum die hohen Häuser, wir hatten Angst, dass sie einstürzen. Alle waren fürchterlich nervös und ängstlich", sagte Stemerdink-Herret.

Die Caritas-Mitarbeiter befanden sich auch knapp eine Stunde nach dem Erdbeben weiterhin im Freien. "Es hat schon mehrere Nachbeben gegeben." Riskant sei es auch, im Schatten Schutz zu suchen, weil solche Flächen im Normalfall nahe bei Mauern und Wänden seien. Man müsse überlegen, "gehe ich rein auf die Toilette oder Wasser holen und riskiere mein Leben?", sagte Stemerdink-Herret.

"Alle Menschen versuchen, ihre nächsten Angehörigen zu erreichen", sagte Stemerdink-Herret. In den ersten Minuten nach dem Beben hätten weder Telefon noch Internet funktioniert.

Die USGS gab die Stärke des Bebens zunächst mit 7,4 an, korrigierte den Wert später aber nach unten. In Kathmandu dauerten die Erdstöße fast eine Minute lang, viele Menschen rannten in Panik auf die Straßen. Überall heulten die Sirenen, der Flughafen von Kathmandu wurde geschlossen. Nur wenige Minuten nach dem ersten Erdstoß gab es nach Angaben der USGS noch ein Nachbeben der Stärke 5,6. Das Epizentrum lag am Dienstag in der Nähe des Mount Everest.

Nach dem schweren Erdbeben Ende April hatten zahlreiche Österreicher Nepal verlassen. "Von denen, die noch dort sind bzw. neu eingereist sind gibt es keine Hinweise, dass jemand zu Schaden gekommen ist", sagte Außenministeriumssprecher Martin Weiss der APA. Auch habe es bisher keine Anrufe von Angehörigen gegeben.

Steirer in Sicherheit

Zahlreiche Hilfsorganisationen sind seit dem schweren Beben vor 17 Tagen in Nepal im Einsatz. Darunter auch ein Team des Samariterbundes Steiermark. Alle Mitglieder sind wohlauf, hieß es in einer Aussendung. Auch Care-Mitarbeiter leisteten seit dem schweren Erdbeben vom 25. April in mehreren Regionen des Landes Nothilfe. Alle Mitarbeiter - vielen von ihnen waren gerade unterwegs, um Hilfsgüter zu verteilen - sind unbeschadet, informierte die Organisation. Wohlauf war am Dienstag auch Andrea Reisinger, Katastrophenhelferin des Österreichischen Roten Kreuzes. Sie ist seit drei Wochen in Kathmandu. "Wir sind alle im Freien", sagte sie.

Tiroler Bergsteiger: Abbruch richtige Entscheidung

Das Nachbeben in der Himalaya-Region sei eine Bestätigung der chinesischen Behörden, die ein solches vorhergesagt und die Expeditionen auf den Mount Everest abgebrochen hatten, meinte der Tiroler Alpinist Alois Fuchs im Gespräch mit der APA. Auch wenn er anfangs enttäuscht war: "Es war die richtige Entscheidung."

Sein Versuch, das Dach der Welt zu ersteigen, ist durch das Beben am 25. April geplatzt. Bereits zum zweiten Mal, wie der Bergsteiger erzählte. Beim ersten Mal gab es ein gesundheitliches Problem. "Nun bleibe ich da und der Mount Everest dort", sagte Fuchs, der einen dritten Anlauf ausschloss. "Es gibt noch andere Berge und andere Ziele.

Viele Tote beim kürzlichen Beben

Rückblick: Am 25. April war Nepal von einem Beben der Stärke 7,8 erschüttert worden. Nach jüngsten Angaben kamen mehr als 8.000 Menschen ums Leben, etwa 16.000 weitere wurden verletzt. Schätzungen der Behörden zufolge wurden beinahe 300.000 Häuser vollständig zerstört und rund 250.000 weitere stark beschädigt. In vielen schwer zugänglichen Tälern wurde das Ausmaß der Schäden allerdings immer noch nicht vollständig erfasst.