Die Dörfer mit wenigen Ausnahmen völlig zerstört, laufend Erdrutsche und riesige Felsbrocken, die in die Tiefe stürzen: Am Mittwoch hat ein internationales Caritas-Team mit dem Österreicher Thomas Preindl ein Tal im nepalesischen Distrikt Sindhupalchok nahe der Grenze zu China erreicht, offenbar als erste NGO seit dem Erdbeben am 25. April.

Die Straße in die Grenzstadt Kodari ist erst jetzt wieder frei. "Wir haben Dörfer gesehen, in denen kein Haus mehr steht", sagte Preindl zur APA. Massive Schäden gibt es auch in Kodari. "Die Zerstörungen sind aber nicht unmittelbar durch das Erdbeben entstanden, sondern durch Bergrutsche und Felsbrocken, die abgebrochen sind. Wir wurden gebeten, die Innenstadt aus Sicherheitsgründen zu verlassen", sagte der Caritas-Mitarbeiter.

Dringend Unterkünfte benötigt

Die Menschen in dem Gebiet nordöstlich der Hauptstadt Kathmandu bräuchten jetzt dringend Unterkünfte. "Viele haben sich aus Brettern und Wellblech notdürftig Unterstände zusammengebastelt", berichtete Preindl. "Das Problem sind alte, alleinstehende Menschen und Frauen, deren Ehemänner im Ausland arbeiten. Sie haben keine Möglichkeit, sich Unterkünfte zusammenzuzimmern", erklärte der Österreicher.

"Kurzfristig werden hier Zelte und Plastikplanen benötigt, längerfristig geht es um den Wiederaufbau. Wir reden da nicht nur von einem Jahr, sondern von drei, vier oder fünf Jahren", erklärte Preindl. Die Caritas Österreich werde das Gebiet, in dem schätzungsweise 700.000 Menschen leben, in Kooperation mit der Caritas Deutschland zu seiner Schwerpunktregion machen, sagte Preindl.

Wenig bis keine Hilfe

Auch in den Bezirken Dhading, Gorkha und Rasuwa haben viele Dörfer noch keine oder nur sehr wenig Hilfe erhalten. Das berichtete die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (Medecins Sans Frontieres/MSF) am Mittwoch. Während die Schwerverletzten in den Tagen unmittelbar nach dem Beben evakuiert wurden, sitzen andere in ihren Dörfern fest, da Straßen und Wege durch Lawinen und Erdrutsche abgeschnitten sind. Am Sonntag haben Mitarbeiter im Bezirk Dhading eine temporäre Klinik errichtet und mit basismedizinischer Versorgung und kleinen chirurgischen Eingriffen begonnen. Seit Montag ist ein weiteres Team in Lapubesi im Bezirk Gorkha tätig.

"Es kommen Menschen zu uns, die medizinische Grundversorgung benötigen, andere haben Wunden vom Erdbeben, die sich infiziert haben", wurde Anne Kluijtmans, eine Krankenschwester von Ärzte ohne Grenzen, am Mittwoch in einer Aussendung zitiert. "Wir säubern und verbinden Wunden und verteilen Antibiotika und Schmerzmittel. Außerdem haben wir auch einige Fälle von Lungenentzündung behandelt, vor allem bei Kindern."

Da viele Dörfer vollständig oder teilweise zerstört sind, brauchen die meisten Menschen am dringendsten Unterkünfte. In einigen besonders isolierten Bergdörfern herrscht Nahrungsmittelmangel. Die MSF-Mitarbeiter seien auch mit einem erheblichen Bedarf an psychologischer Hilfe konfrontiert, der auf die traumatische Erfahrung eines Erdbebens zurückzuführen ist, hieß es in der Aussendung. Daher würden nun Psychologen die Teams verstärken.