Im Himalaya hingen Bergsteiger fest, die teils schwer verletzt Lawinen überlebt haben. Nach amtlichen Angaben stieg die Zahl der Toten auf insgesamt 3.726. Da es noch keine Kontakte zu einigen der am schlimmsten betroffenen Gebiete gebe, könnte die Zahl der Toten auf 5.000 steigen, hieß es im nepalesischen Innenministerium. Mehr als 6.500 Menschen wurden demnach bei den schwersten Erschütterungen in dieser Region seit über 80 Jahren verletzt. Die nationale und internationale Hilfe lief nur schleppend an.

"Wir fliehen", sagte Krishna Muktari, der ein kleines Lebensmittelgeschäft in Kathmandu hat. "Wie sollen wir hier leben? Ich habe Kinder, die können nicht die ganze Nacht aus dem Haus rennen." Aus Angst vor Nachbeben schliefen trotz Regen unzählige Menschen in der Millionenstadt im Freien. Auch für Kranke und Verletzte gab es vielfach kein Dach über dem Kopf. Chirurgen errichteten in einem Zelt vor der Medizinischen Hochschule einen Behelfs-Operationssaal.

Die Ausfallstraßen waren verstopft mit Menschen, die nur eines wollten: raus aus der Stadt. Sie versuchten, einen Platz in einem Bus zu bekommen oder klammerten sich an Trittbretter und Ladeflächen von Lkw. Viele der Flüchtenden trugen Babys und Kleinkinder.

Östlich von Kathmandu sind große Teile der Tempelstadt Bhaktapur zerstört. Jahrhundertealte Gebäude stürzten zusammen. In den noch stehenden Bauten zogen sich Risse durch die Mauern. Viele Einwohner übernachteten in Zelten auf einem Schulgelände.

"Wir werden überflutet von Anfragen nach Hilfs- und Rettungsmaßnahmen aus dem ganzen Land", sagte Deepak Panda vom staatlichen Krisenstab. Vor allem an Trinkwasser und Lebensmitteln mangelt es. "Unsere Hauptaufgabe ist es, die Strom- und Wasserversorgung wiederherzustellen", sagte Laxmi Prasad Dhakal vom Heimatministerium. Danach müsse die Lebensmittelversorgung sichergestellt werden.

Auch die internationale Hilfe lief an. Indien, das ebenfalls von den Beben betroffen ist und 66 Tote beklagt, schickte medizinische Ausrüstung und Katastrophen-Experten. Aus China kam ein 60 Mitglieder umfassendes Rettungsteam. Auch aus Österreich und Deutschland brachen Suchmannschaften, Ärzte sowie technische Helfer unter anderem mit Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen nach Nepal auf. Pakistan entsandte Suchmannschaften und ein 30-Betten-Lazarett. Hilfen haben auch die USA, Großbritannien, Australien und Neuseeland angekündigt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am Montag um zusätzliche Mittel für Hilfseinsätze gebeten. Für die weitere Nothilfe brauche man dringend rund fünf Millionen Dollar (4,6 Millionen Euro), erklärte die UN-Sonderorganisation in Genf. Die WHO habe bereits kurz nach dem Beben Medikamente und Hilfsmittel nach Nepal geschickt, mit denen 40.000 Menschen drei Monate lang notversorgt werden könnten. Es sei jedoch weit mehr Hilfe nötig. Die WHO bitte daher um finanzielle Zuwendungen von Spendern und Partnerländern.

An Ort und Stelle war zunächst noch wenig von den Hilfen zu sehen. Grund dafür war auch, dass wegen der Nachbeben der Flughafen von Kathmandu zeitweise nicht angeflogen werden konnte. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen teilte mit, rund eine Million Kinder seien von dem Erdbeben betroffen. Die Organisation warnte, durch unreines Wasser könnten sich Krankheiten ausbreiten. In Kathmandu bildeten sich Menschentrauben vor den mit Trinkwasser gefüllten Tankwagen. Die Regale in den wenigen noch offenen Lebensmittelgeschäften waren so gut wie leer. Vor Apotheken drängelten sich Menschen, um dringend benötigte Medikamente zu bekommen.

"In dem bergigen Land ist der Transport von Gütern immer eine Herausforderung - auch wenn es kein Erdbeben gibt", sagte Unni Krishnan, Katastrophenteam-Chef der Hilfsorganisation Plan. Klar sei bisher nur, dass Tausende Häuser zerstört seien, aber nicht, wo genau wie viele. "Deswegen ist es nicht möglich, Hilfspakete aus der Luft abzuwerfen", sagte er. Das wichtigste sei es nun, die Menschen mit Zelten und Licht wie etwa Solarlampen zu versorgen. Denn es regnet immer wieder, und die Meteorologen sagen mehr Regen voraus.

Im Himalaya landeten drei Hubschrauber am Basislager des Mount Everest. Da die Luft aber in der Höhe von rund 6.000 Metern sehr dünn ist, habe jede Maschine nur zwei Verletzte mitnehmen können, twitterte der rumänische Bergsteiger Alex Gavan. Überlebende berichteten, dass am Samstag eine Schnee- und Gerölllawine auf das Basislager niederging. 17 Menschen wurden getötet, weitere 60 verletzt. Außer sich forderten Bergsteiger Helikopter zum Ausfliegen der Überlebenden an, die zunächst nicht kamen. Rund 100 unverletzte Bergsteiger sind in den Lagern Eins und Zwei eingeschlossen, die sie auf dem Landweg nicht mehr verlassen können.

Bergsteiger Reinhold Messner kritisierte, es gebe eine "Zwei-Klassen-Rettung". "Es ist zynisch, dass man um die Bergsteiger am Mount Everest, die sich für 80.000 bis 100.000 Dollar diese Besteigung kaufen können, einen solchen Hype macht", sagte er im Radiosender hr-Info. In erster Linie müsse man den Menschen in Kathmandu helfen und nicht den Bergsteigern.