Raffaele Sollecito, der am Freitag wie seine Ex-Freundin Amanda Knox endgültig vom Vorwurf des Mordes an der Studentin Meredith Kercher freigesprochen wurde, wird vermutlich bei der italienischen Justiz eine Entschädigungsforderung für seine vierjährige Haft einbringen. "Sollecito ist ohne Beweise als Mörder dargestellt worden. Trotzdem hegt er keine Rachegefühle", sagte seine Anwältin am Montag.

Der 31-Jährige drohte außerdem mit Verleumdungsklagen, sollte er künftig weiterhin als Mörder bezeichnet werden. "Ich bin vollkommen unschuldig und werde nie wieder dulden, Mörder genannt zu werden", sagte Sollecito.

"Wir sind beide sehr glücklich"

Er begreife die Enttäuschung der Familie Kercher über das Urteil, er sei jedoch unschuldig. "Ich habe nichts mit dem Mord zu tun. Ich kannte Meredith kaum. Ich hatte keinerlei Grund, um mich an einem derartig grausamen Mord zu beteiligen", betonte Sollecito. Er habe kurz mit Knox telefoniert. "Wir sind beide sehr glücklich", sagte der Italiener.

Sollecitos Vater Francesco appellierte an den Ivorer Rudy Guede, der für den Mord in Perugia zu 16 Jahren Haft verurteilt worden ist, die Wahrheit zu sagen. "Guede soll sprechen. Er schuldet das der Familie Merediths", sagte Francesco Sollecito. Guede war in einem separaten Verfahren nach einem Teilgeständnis rechtskräftig verurteilt worden. Den Ermittlern zufolge wiesen die Stichverletzungen jedoch darauf hin, dass es mehr als einen Täter gab.

Aufsehenerregendes Urteil

Das Kassationsgericht, die dritte und letzte Instanz im italienischen Strafsystem, hatte am Freitagabend das im Jänner 2014 gefällte Urteil eines Berufungsgerichts in Florenz gekippt, mit dem Knox zu 28 Jahren und Sollecito zu 25 Jahren Haft verurteilt worden waren. Damit ging der fünfte Prozess im Fall der britischen Austauschstudentin Kercher zu Ende, der international für Aufsehen gesorgt hatte.