Lufthansa-Chef Carsten Spohr: Nach Auswertung des Voice-Recorders hat sich eine neue Wendung ergeben. Das Flugzeug wurde willentlich zum Absturz gebracht, mutmaßlich durch den Co-Piloten des Flugzeugs. Er ermöglichte dem Piloten nicht mehr die Rückkehr in das Cockpit. Das macht Lufthansa/Germanwings fassungslos. Wir sind betroffen und erschüttert und man hätte sich nicht vorstellen können, dass sich das noch einmal verstärkt. In unseren schlimmsten Albträumen hätten wir uns nicht vorstellen können, dass sich so eine Tragödie ereignen kann bei uns im Konzern. Das Cockpit-Personal wird sehr sehr sorgfältig ausgewählt. Wir versuchen nicht nur, kognitive und technische Fähigkeiten, sondern auch die psychologische Eignung zu testen. Wir arbeiten zusammen mit der Deutschen Luft- und Raumfahrt, dem besten Anbieter solcher Tests weltweit. Es ist ein weltweit führendes Verfahren. Was da passiert ist, war für uns nicht vorstellbar. Beide Piloten haben diesen Test durchlaufen und danach an der Flugschulein Bremen und in Phoenix in Arizona Ausbildung durchlaufen.

Nach der Ausbildung, die er 2008 begann, hatte er eine elfmonatige Wartezeit als Flugbegleiter, das ist ganz normal, und arbeitete seit 2013 als Erster Offizier. Es gab auch eine Unterbrechung der Ausbildung, nach neuerlichem Test alle Checks konnte er diese fortsetzen. Er war zu 100 Prozent flugtauglich ohne jegliche Einschränkung und Auflagen. Das ist für uns alle und für die Öffentlichkeit ein Schock. Über Motive können wir nur spekulieren. Wir haben keinerlei Erkenntnisse über die Motive des Co-Piloten. Ich und meine Kollegen haben absolutes Vertrauen in unsere Piloten. Sie sind die Besten der Welt, fester Bestandteil unserer Marke. Das was hier passiert ist, ist für mich ein unglaublich tragischer Einzelfall. Wir alle stehen gemeinsam mit den Hinterbliebenen, Angehörigen, Familien und Millionen von Menschen vor einem riesigen Rätsel, und wir sind traurig dabei. Wir sind aber auch Profis, deswegen werden wir alles tun, um die Aufklärung bestmöglich zu unterstützen. Egal, welche Sicherheitsvorkehrungen ein Konzern, eine Firma hat, egal wie hoch die Standards sind, so ein Einzelereignis kann niemand ausschließen. Ich habe bei Lufthansa als Ingenieur, als Pilot gearbeitet. Egal, wer ich war, egal wer mein Chef war, Safety war immer die Nummer eins. Dass das gerade bei uns passiert, tut uns einfach nur leid.

Frage: Sie sagten, es gäbe keine Möglichkeit, so einen Unfall zu verhindern. Warum konnte Pilot nicht mit einem Code ins Cockpit zurück?

Antwort: Die Türen wurden nach dem 11. September gepanzert. Er kann natürlich klingeln durch Eingabe eines Codes. Dieses Öffnen kann durch die Person im Cockpitz verhindert werden. Wenn der auf "Locked" drückt, ist die Türe für fünf Minuten gesperrt. Es kann sein, dass der Pilot den erweiterten Code nicht eingegeben hat oder aber dass der Co-Pilot auch "Locked" gedrückt und verhindert hat, dass die Türe sich öffnet.

Frage: Sie haben gesagt, dass der Co-Pilot die Ausbildung unterbrochen hat. Wie lange und Warum?

Antwort: Die Unterbrechung war mehrmonatig, über die Gründe darf ich nichts sagen.

Frage: War es ein medizinischer Grund?

Antwort: Für diesen Fall gilt die medizinische Schweigepflicht auch über den Tod hinaus. Das gilt für mich als Vorstandschef und in Deutschland überhaupt.

Frage: Gibt es nach Beendigung der Ausbildung für Piloten noch Psychologische Checks und Tests?

Antwort: Es gibt regelmäßige Checks der Flugfähigkeit, aber keine regelmäßigen psychologischen Checks. Die sind nicht vorgesehen.

Frage: Welche Sicherheit gibt es jetzt für Flugpassagiere? Wie können Sie diese Flugangst nehmen?

Antwort: Fliegen ist nach wie vor die sicherste Art, zu reisen.

Frage: Motive müssen ja nicht im persönlichen begründet sein. Können Sie einen Terroranschlag völllig ausschließen.

Antwort: Ich kann mich nur dem Innenminister anschließen, dass es dafür überhaupt keine Anzeichen gab.

Frage: Gibt es eine Möglichkeit, dass irgend jemand vom Personal ins Cockpit kommt?

Antwort: Es gibt weltweit nur wenige Airlines, die dieses Procedere haben, bei uns gibt es das nicht.

Frage: Wie verläuft das psychologische Screening? Werden Freunde, Verwandte befragt.

Antwort: Wir haben ein sehr erprobtes Verfahren. Interviews von Familie und Freunden gibt es in diesem Rahmen auf der ganzen Welt nicht.

Frage: Wie war der Lizenz-Status des Piloten? Hatte der Pilot überhaupt die Erlaubnis, das Cockpit zu verlassen zu diesem Zeitpunkt.

Antwort: Natürlich ist das Verlassen des Cockpits erlaubt, schon aus biologischen Gründen. Der Pilot hat es genau so gemacht, wie wir das schulen, während die Arbeitsbelastung am geringsten ist. So war es in dieser Lufthöhe. Der Copilot war natürlich im Besitz einer gültigen Lizenz.

Frage: Gab es relevante Gespräche bevor der Pilot das Cockpit verlassen hat?

Antwort: Es gab ein technisches Briefing des Copiloten durch den Piloten, dann hat der Pilot das Cockpit verlassen.

Frage: Stellen Sie das Auswahlverfahren nicht in Frage?

Antwort: Nein, wir haben das weltweit beste Verfahren. Wir werden uns natürlich mit allen Experten zusammensetzen.

Frage: Wie stellen sich die Haftungsfragen dar?

Antwort: Das ist derzeit meine geringste Sorge. Wo es derzeit akute finanzielle Engpässe gibt, helfen wir bereits aus.

Frage: Sind Piloten verpflichtet, Auffälligkeiten bei Kollegen zu melden?

Thomas Winkelmann, Sprecher der Germanwings-Geschäftsführung: Ja. Generell gibt es immer eine Meldepflicht bei uns.

Frage: Gibt es Regulierungen, dass eine Flugbegleitung ins Cockpit muss, wenn der Pilot dieses verlässt?

Antwort: Ich sehe keinen Bedarf, jetzt unser Verfahren zu ändern. Es ist ein Einzelfall, aber wir werden uns natürlich mit Behörden und Experten zusammen setzen, ob wir unsere Verfahren ändern sollen. Aber wir werden jetzt nicht in kurzfristige Änderungen verfallen.

Frage: Hat die Kabinen-Besatzung in so einer Situation die Möglichkeit, einen Notruf abzusetzen?

Antwort: Auch die Kabinen-Crew kennt den Code. Darüber hinaus haben sie keine Schulung im Cockpit selbst, das erlaubt der Gesetzgeber auch nicht. Aber der Notruf kann nur im Cockpit abgegeben werden, und dazu braucht man die Schulung.

Frage: Wie haben die Angehörigen von der Selbstmord-Nachricht erfahren?

Antwort: Die persönliche Begegnung mit den Angehörigen hat gestern stattgefunden. Nachdem heute die Erkenntnis da war, haben wir dafür gesorgt, dass die Angehörigen nciht über die Medien davon erfahren. Die Menschen reagieren sehr unterschiedlich. Schock und Trauer ist natürlich bei allen vorhanden.