Zehntausende feierwütige Brasilianer haben am Sonntag strömendem Regen getrotzt und die farbenprächtigen Umzüge der Sambaschulen im Sambodrom von Rio de Janeiro bejubelt. In durchsichtigen Regenponchos und unter bunten Regenschirmen verfolgten rund 72.000 Zuschauer den Einzug der Sambaschule Viradoura, die dieses Jahr den Einfluss der afrikanischen Kultur auf Brasiliens Kultur zum Thema hatte.

Mit besonderer Spannung warteten die Zuschauer aber auf die Sambaschule Mocidade Independente und die Umsetzung ihres Mottos - was zu tun ist, wenn man weiß, dass man nur noch einen Tag zu Leben hat: Auf einem Wagen verbrachten die weitgehend nackten Tänzer ihre letzten Stunden mit simuliertem Sex - als hetero- oder homosexuelle Paare oder in Gruppen.

Dass Sex nicht nur ein Thema der Umzüge sein würde, weiß auch die brasilianische Regierung: 120 Millionen Kondome stellte sie den 27 Bundesstaaten zu Jahresbeginn zur Verfügung, der Großteil von ihnen sollte während der Karnevalstage verteilt werden. 15.000 Polizisten wachten inzwischen allein in Rio über die Sicherheit der Karnevalsteilnehmer.

In anderen Städten des Landes wurde der Karneval von Gewalt überschattet: Nach einer Schießerei inmitten einer Straßenfeier, bei der am frühen Sonntagmorgen ein Mann getötet und neun weitere verletzt worden waren, sagte die alte Kolonialstadt Paraty für Sonntag alle Umzüge ab. Wie es mit dem Karneval weitergeht, sollte am Montag entschieden werden. In Sao Paulo wurde ein Mann erstochen, ein weiterer wurde bei einem Streit in Salvador da Bahia angeschossen.