Bei keinem Thema wird in den USA so schnell und routiniert Alarm geschlagen wie beim Wetter - doch dieses Mal könnte es ernst werden: "Dies könnte der größte Schneesturm in der Geschichte von New York City werden", sagte Bürgermeister Michael de Blasio am Sonntag.

Auf rund 400 Kilometern entlang der US-Nordostküste werde es laut nationalem Wetterdienst von Philadelphia über New York bis nach Boston zu massiven Schneefällen und zu einem Blizzard in sieben Bundesstaaten kommen. 60 Zentimeter Schneefall in New York, bis zu 80 Zentimeter in Boston, kündigte der Fernsehsender "Weather Channel" für den "Juno" genannten Sturm voraus. Bis zu 115 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit an der US-Ostküste und Schneeverwehungen erwartet der nationale Wetterdienst. 29 Millionen Menschen seien betroffen.

Verantwortlich dafür ist eine Großwetterlage, die Meteorologe Dylan Dreyer von MSNBC "Bombogenesis" nannte: Im Inneren eines Sturms sinkt der Druck um mehr als 24 Millibar in 24 Stunden, der Wind legt zu, massiver Schneefall setzt ein.

Vorsichtsmaschinerie

Bei solchen Aussichten springt in den USA die Vorsichts-Maschinerie an. Bereits am frühen Montagmorgen (Ortszeit) hatten laut "USA Today" die Fluggesellschaften noch vor der ersten Schneeflocke rund 3.500 Flüge abgesagt. Laut "New York Times" hat United Airlines auch bereits für Dienstag alle Flüge an den New Yorker Flughäfen, in Philadelphia und in Boston abgesagt. Schulkinder in New Jersey wurden am Montag ab dem Mittag früher nach Hause geschickt und können am Dienstag ganz zu Hause bleiben. Das gilt auch für viele Büros - ein Grund dafür ist oft auch das US-amerikanische Arbeitsrecht: Das Gehalt wird an solchen Tagen vielerorts nicht weitergezahlt, und die Arbeitgeber sparen Geld.

Notstand

Wegen des bevorstehenden Schneesturms mit möglicherweise historischen Ausmaßen hat Gouverneur Andrew Cuomo für Teile des US-Bundesstaats New York den Notstand ausgerufen. Auch ein allgemeines Fahrverbot für den Abend in der Millionenmetropole New York und anderen Teilen des Staats sei noch möglich. "Dieser Sturm sollte nicht leicht genommen werden", sagte Cuomo am Montag.

Die Menschen sollten nach Hause gehen und dort bleiben. "Es kann um Leben und Tod gehen", sagte Cuomo. Unter anderem bezog sich der Notstand auf die Stadt New York und rund ein Dutzend weitere Counties.

Cuomo kündigte auch an, dass in der Metropole New York U-Bahnen ab 19.00 Uhr (Ortszeit) nur noch eingeschränkt fahren und Regionalzüge von 23.00 Uhr an komplett eingestellt würden. Ein Fahrverbot gilt auch bereits im Nachbarstaat Connecticut. In den USA wird bei Unwettern häufiger als in Deutschland der Notstand ausgerufen, um so den Gouverneuren schnellere Entscheidungen über Straßensperrungen und andere Notmaßnahmen zu ermöglichen.

New Yorker betont cool

Doch die New Yorker geben sich bei solchen Gelegenheiten auch gerne betont cool. Während "Nemo" im Jahr 2013 schnallten sich Dutzende ihre Langlaufskier unter die Füße und fuhren über die Gehsteige am Times Square und durch die Parks. Berichte im Blog "The Gothamist" erinnern daran, wie 2008 die Park-Aufsicht im Central Park heißen Kakao an die im Schnee spielenden Bewohner der Stadt ausgab. "Wir sind zu oft vorgewarnt worden, und dann war es gar nicht schlimm", sagte eine Passantin dem "Weather Channel" am Montagmorgen. Dennoch wurden in New Yorker Supermärkten auch Hamsterkäufe getätigt.

Und so wartete die Stadt am Montag mehr oder weniger gelassen auf Schnee, Sturm und neue Rekorde - und das, obwohl am Sonntag Bürgermeister de Blasio während seiner Pressekonferenz eine Liste mit den schneereichsten Tagen der Stadtgeschichte einblendete und darauf verwies, dass diese Werte wohl übertroffen werden würden. 2006 entstand der Rekord mit 26,9 Inch (68 Zentimeter) Schnee in einem einzigen Sturm, gefolgt von einem Blizzard 1947 mit 26 Inch und 1888 mit 21 Inch Neuschnee. Die Rekordliste gilt auch als Hinweis auf den Klimawandel: Fünf der zehn schlimmsten Stürme waren laut Website "Weather Underground" in den letzten elf Jahren.